Bleibt die Möglichkeit, Geld durch Strukturänderungen zu sparen. Diesbezüglich wird immer wieder die Dreifaltigkeit der Dachverbände Askö, Union und Asvö kritisiert. Wie rechtfertigen Sie diese in einer Zeit, in der die politische Bedeutung für den einzelnen Sporttreibenden praktisch irrelevant geworden ist?

Es soll mir erst einmal wer erklären, was man sich so erspart. Die Dachverbände haben ja auch eine regionale Bedeutung: Im Osten Österreichs ist die Askö stark, im Westen die Union, in der Mitte der Asvö. In jedem Bundesbereich gibt es vielleicht zehn Leute, die bezahlt werden; dahinter aber in etwa 300.000 Freiwillige, die organisiert sind. Von denen könnte ich bei einer Zusammenlegung gleich einmal ein Drittel wegrechnen. Dann hätte ich die Struktur um ein Drittel geschwächt und nichts erreicht, nur weil ich oben drei Leute eingespart hätte. Man würde viel mehr kaputt machen. Das Schlagwort klingt natürlich gut, aber man muss sich damit beschäftigen, was Dachverbände leisten. Der Vorwurf ist ja schon in den Achtzigerjahren entstanden. Seitdem hat sich aber viel verändert.

Aber das System gilt noch immer als verkrustet. Was ist anders?

Die Dachverbände sind nicht mehr Verwalter der Vereine, es geht um Angebote an die Gesellschaft. Wir fahren mit Bussen zu Firmen, überprüfen die Mitarbeiter auf Rückenbeschwerden und bieten ihnen einen 40tägigen Kurs an. Wir haben adäquate Angebote in Seniorenheimen. Wir machen in Wien Sport auf Krankenschein bei Diabetes. Das sind ja nicht mehr diese Verbände, bei denen die Capos durch die Länder reisen und vielleicht eine Duschtasse zahlen. Das sind moderne Dienstleistungen an den Staat, die alle wegfallen würden.

Warum geht die Entwicklung bei den Kindern dann in die entgegengesetzte Richtung? Warum werden immer mehr Kinder dicker, haben immer mehr Haltungsschäden?

Das ist eine fürchterliche gesellschaftliche Entwicklung. Die Bewegung wird durch virtuelle Bewegung an der Spielekonsole ersetzt. Jetzt kommen Spiele, bei denen man selbst aktiv werden kann. Das gibt Hoffnung. Aber wir sind auch mit "Fit für Österreich" in 5000 Schulen vertreten. Die Verantwortung geht in Richtung des organisierten Sports, weil an den Schulen die Turnstunden massiv gekürzt wurden. Die Diskussion, das allgemeine Angebot in dieser Situation noch zu reduzieren, indem man die Dachverbände ruiniert, ist eine ganz gefährliche. Ruiniert ist schnell einmal alles.

Jetzt gibt es neu das Modell der Freizeitpädagogen, bei denen Trainer durch eine Zusatzausbildung Kinder an den Schulen betreuen können. Was erwarten Sie sich davon?

Das ist eine Riesenchance. Wir können täglich in die Nachmittagsbetreuung in den Ganztagesschulen kommen. Wir können polysportive Angebote liefern. Ich sehe sogar die Chance auf eine tägliche Bewegungsstunde, die ja in den letzten Jahren zur Utopie verkommen ist. Das Unterrichtsministerium hat erkannt, es geht sich nur mit den Lehrern nicht mehr aus, wenn man die Ganztagesschule forciert, gleichzeitig immer mehr Lehrer in den nächsten Jahren in Pension gehen. Das ist eine gesellschaftspolitische Wandlung, durch die sich eine Tür für den Sport öffnet. Und da müssen wir jetzt durchgehen.

Aber passiert das auch? Wird das Angebot von den Trainern entsprechend angenommen?

Leider noch viel zu schlecht. Die Leute sehen noch nicht die Chance. Es liegt an uns, mehr Werbung zu betreiben, Maßnahmen zu setzen, dass es bekannt wird. Das ist nicht nur eine Hol-, sondern auch eine Bringschuld unsererseits. Es muss allen klar sein, dass sich so ein Tür’l nicht wieder aufmacht, wenn wir es jetzt verpassen.

Zur Person:
Peter Wittmann (55) ist seit 2007 Präsident der BSO und steht der Askö vor. Er ist zudem Abgeordneter zum Nationalrat (SPÖ), war von 1997 bis 2000 als Staatssekretär im Bundeskanzleramt für Sport zuständig und arbeitet als Rechtsanwalt in Wiener Neustadt.