Zürich. (art/apa) Nur eine Stunde nach dem Urteilsspruch war Joseph Blatter wieder da, unrasiert und sichtlich gezeichnet zwar, aber im Ton kämpferisch wie eh und je. "Es ist noch längst nicht vorbei. Ich werde kämpfen, für mich, für die Fifa", sagte der 79-Jährige in einer Pressekonferenz in Zürich. Kurz davor war bekannt geworden, dass die rechtssprechende Kammer der Ethikkommission des Weltfußballverbandes Fifa Blatter, der ihn 17 Jahre lang präsidiert hatte, für acht Jahre gesperrt hat. Auch Michel Platini, der Fifa-Vizepräsident und Chef des europäischen Verbandes Uefa, wurde für diesen Zeitraum von allen Aktivitäten im Fußball, worunter etwa auch einfache Stadionbesuche zählen, verbannt. Beide haben schon vor der Entscheidung angekündigt, alle juristischen Möglichkeiten zur Rehabilitierung ausschöpfen zu wollen; Blatter kündigte nun den Gang vor das Fifa-Berufungsgericht sowie den internationalen Sportgerichtshof CAS an, auch eine Anfechtung vor einem zivilen Gericht sei möglich, erklärte er nach Rücksprache mit seinen Anwälten. Auch Platini, der das Urteil eine "Maskerade" nannte, bestätigte den Gang vor den CAS.
Hintergrund für die Sperre war eine Zwei-Millionen-Dollar-Zahlung von Blatter an Platini aus dem Jahr 2011, die beide mit einem mündlichen Vertrag über Beratertätigkeiten in den Jahren 1999 bis 2002 argumentierten. Die Ethikrichter unter Vorsitz von Hans-Joachim Eckert ließen zwar den Korruptionsvorwurf fallen, sahen aber keine rechtliche Grundlage für die Zahlung, sondern vielmehr einen Interessenskonflikt sowie die Verletzung der Treuepflicht gegenüber der Fifa und einen Verstoß gegen den Verhaltenskodex. "Sie stellen mich und Michel Platini als Lügner dar. Das geht nicht, nicht nach 40 Jahren", polterte Blatter, der 1975 zur Fifa gekommen war und sich über die Leitung von Entwicklungsprogrammen sowie den Generalsekretärsposten unter dem ebenfalls umstrittenen João Havelange 1998 zum mächtigsten Mann der Fußballwelt hochgedient hatte. Seine Regentschaft war einerseits von der Entwicklung der Fifa zum Milliardenkonzern sowie zum globalen Spieler geprägt gewesen, andererseits aber auch von Korruptionsvorwürfen gepflastert.
Strafrechtliche Ermittlungen
Schon kurz nach seiner ersten Wahl 1998 machten Gerüchte über mit Dollarscheinen gefüllte Kuverts an afrikanische Delegierte die Runde. Auch im Zuge des Schmiergeldskandals rund um die Pleite gegangene Sportvermarktungsagentur ISL fiel sein Name, doch sein Netz aus Getreuen fing ihn immer wieder auf, ehe der Fifa-Skandal ausgerechnet in den Tagen vor seiner jüngsten Wiederwahl Ende Mai mit den Ermittlungen der US-Justiz und der Schweizer Behörden so richtig ins Rollen kam. Am 2. Juni kündigte Blatter an, sich auf einem außerordentlichen Kongress, der später für 26. Februar 2016 terminiert wurde, zurückzuziehen. Er habe ein reines Gewissen, sagte er, spüre aber, dass er nicht das Mandat der ganzen Fußball-Welt habe. Die Leitung des Kongresses hätte seine letzte Amtshandlung sein sollen, nun ist wohl auch die Chance darauf und damit einen Abgang in Würde, möglicherweise unter dem Applaus der Delegierten, dahin. Diese Behandlung sei "respektlos, auch gegenüber der Justiz", meinte der Schweizer am Montag. Dabei droht ihm auch von dieser Seite noch Ungemach: Denn die sportpolitischen Sanktionen, die vor allem Platini hart treffen, weil damit die Aussichten, er könnte Blatter im Februar an der Fifa-Spitze beerben, auf ein Minimum geschwunden sind, sind nur die eine Sache. Auch die Schweizer Behörden haben Blatter im Visier, sie verdächtigen ihn der ungetreuen Geschäftsgebarung. Platini wird in diesem Zusammenhang laut seinem Anwalt "zwischen Auskunftsperson und beschuldigter Person" geführt.