(art) Das Staples Center in Los Angeles hat schon viele Sternstunden erlebt, sportliche Triumphe und Tragödien inklusive. Doch wenn die Basketballmannschaft der LA Lakers in der Nacht auf Donnerstag das Team von Utah Jazz empfängt, wird es noch einmal etwas ganz Besonderes sein. Dabei ist die Meisterschaft für die Lakers längst beendet, bevor das Spiel noch begonnen hat. Vor dem letzten Spieltag des Grunddurchgangs haben sie als Letzter der Western Conference keine Chance mehr auf die Play-offs. Doch um das Sportliche geht es ohnehin längst nicht mehr, die Fans kennen nur ein Thema: den Abschied von Kobe Bryant, einem Mann, der den Sport in den vergangenen zwei Jahrzehnten ähnlich geprägt hat wie einst Michael Jordan.

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Einen wichtigen Teil seines Ansporns zog Bryant stets aus den Vergleichen mit dem sechsfachen Meister, übernahm von diesem jüngst Platz drei in der ewigen Punkterangliste der NBA. Zudem weist seine Vita fünf NBA-Titel mit den Lakers, den letzten 2010, zwei Olympiasiege mit den USA und unter anderem unfassbare 81 Punkte in einem Spiel (2006 gegen Toronto) auf.

Doch mit 37 Jahren - im August feiert er seinen 38. Geburtstag - soll nun endgültig Schluss sein, das hat Bryant schon im November verkündet. Er habe sich im Alter von sechs Jahren in den Sport verliebt, ihm alles gegeben, "Hirn und Körper, Geist und Seele", schrieb er damals in einem im Internet veröffentlichten Gedicht unter dem Titel "Dear Basketball". "Mein Körper weiß, dass es Zeit ist, ,Auf Wiedersehen‘ zu sagen." Die körperlichen Probleme zogen sich schon durch die drei letzten Jahre seiner Karriere, seit er 2013 wegen eines Achillessehnenrisses mehr als ein halbes Jahr außer Gefecht war. Immer wieder mühte sich der Shooting Guard mit der Nummer 24 zurück, doch trotz mitunter guter Auftritte in dieser Saison waren von der Spritzigkeit und Souveränität der glorreichen vergangenen Tage nur noch homöopathische Dosen vorhanden. "Ich fühle mich schrecklich, meine Knöchel, meine Knie, es schmerzt einfach alles", sagte er auch in diesem Februar am Rande seines 18. Allstar-Spiels. Welche Popularität Bryant heute genießt, war auch daran zu erkennen, dass er mit den meisten Stimmen ins Team gewählt wurde. Das war freilich nicht immer so, denn seine Karriere war nicht nur mit Erfolgen, sondern auch mit Kontroversen gepflastert. 2003 wurde er der Vergewaltigung einer Hotelangestellten bezichtigt und stand vor Gericht, das Verfahren wurde allerdings eingestellt, weil die Frau ihre Aussage zurückzog. Länger haften blieben aber die Vorwürfe der Selbstverliebtheit, der Arroganz, die Kollegen wie etwa Shaqille O’Neal, damals gleichzeitig kongenialer Partner auf dem Feld und Lieblingsfeind abseits davon, und zwischendurch auch Trainer Phil Jackson gegen den Superstar erhoben.

Man könnte es auch so sehen: Bryant, mit 17 Jahren ohne den Umweg des College-Basketballs gleich in die NBA gekommen, hatte früh gelernt, die Ellbogen auszufahren. Und er hatte keine Probleme mit diesem Image, das er selbst pflegte und hegte. Die Schmähungen der gegnerischen Zuschauer seien für ihn Ansporn, sagte er. Dazu passt auch, dass er sich den Spitznamen "Black Mamba" selbst verpasst hatte - weil sein Spiel eine Kombination der Schnelligkeit und Aggressivität der afrikanischen Giftschlange sei. Dass dies zuletzt nicht mehr so zur Geltung kam wie früher, haben ihm die Fans jedenfalls nicht übel genommen. Obwohl diese Saison als schlechteste in die Vereinsgeschichte eingehen wird, jubelten sie ihm bei jedem seiner Auftritte zu, auch die passend zum Abschied in limitierter Auflage gefertigten Lederkappen mit einer goldenen Nummer 24 um wohlfeile 38.024 Dollar werden wohl Abehmer finden. Und doch regte sich zuletzt auch Kritik am Hype. So schrieb die "LA Times": "Seit Bryant seinen Rücktritt verkündet hat, ist jede Partie zu einer bedeutungslosen Ausstellung mit nur einem Aussteller verkommen, ein ausgelassenes Allstar-Spiel mit nur einem Allstar, einige wenige glänzende Momente umgeben von langen, traurigen Strecken, die die Lakers tief bereuen dürften."