London. (art) "Rest in Peace, Daviscup" - der Tenor auf Twitter ist alles andere als begeistert. Nachdem der internationale Tennisverband ITF am Montag umfassende Reformpläne für die Weltgruppe des Daviscups präsentiert hatte, die in einen "World Cup of Tennis" mit 18 an einem Schauplatz und binnen einer Woche um den Titel kämpfenden Teams transformiert werden soll, dauerte es nicht lange, bis sich erster Widerstand regte. Im August soll die Generalversammlung über die Pläne abgestimmt werden - ob sie die nötige Zweidrittelmehrheit bekommen, ist alles andere als fix.

Dabei taten der ohnehin umstrittene ITF-Chef David Haggerty und eine Investorengruppe rund um Barcelona-Fußballer Gerard Piqué ihr Möglichstes, das Projekt "Daviscup neu" als "bahnbrechend" zu verkaufen: "Unsere Vision ist, ein großes Finale am Saisonende zu schaffen, das ein Tennis- und Unterhaltungsfestival sein soll." Die besten Spieler aus 18 Nationen - den aktuellen Weltgruppen-Teilnehmern plus zwei noch zu bestimmender Mannschaften - versammelt an einem Ort sollen ab 2019 eine Atmosphäre angelehnt an die Fußball-WM schaffen. Für die Spieler der Top-Nationen, die dem Daviscup in den vergangenen Jahren die kalte Schulter gezeigt hatten, hätte dies den Vorteil, dass sie nicht an mehreren Wochenenden pro Jahr teilweise über mehrere Kontinente reisen müssen, kurzfristige Wechsel des Belags inklusive. Beim geplanten neuen Bewerb soll zudem nur noch - wie seit der jüngsten Reform auch in den unteren Klassen - auf zwei Gewinnsätze gespielt werden, was die Strapazen zusätzlich minimieren soll. Stattdessen würde es in dieser Woche mehr Matches insgesamt geben: Zunächst wird in einer Gruppenphase gespielt, wobei jede Begegnung mit je zwei Einzeln und einem Doppel an einem Tag stattfindet, danach würde es ab dem Viertelfinale im K.o.-Modus weitergehen. Größtes Zuckerl ist allerdings das Geld: Die Investorengruppe Kosmos, der Piqué vorsteht, hat für eine auf 25 Jahre anberaumte Partnerschaft drei Milliarden Dollar in Aussicht gestellt; unter den 18 Teilnehmern werden laut Haggerty jährlich 20 Millionen Dollar ausgeschüttet.

Die Opposition dagegen moniert, dass die ITF "still und heimlich die Seele des Daviscups verkauft" habe, wie Dirk Hordorff, Vizepräsident des deutschen Tennisbundes und scharfer Kritiker Haggertys, sagt. Dass das neue Turnier am Ende der Saison ausgetragen werden soll, birgt zudem die Gefahr, dass viele Athleten schon überspielt sind. Das am häufigsten von Traditionalisten angeführte Argument ist freilich, dass das Ende von epischen Fünfsatz-Duellen sowie der Wegfall der speziellen Heim- und Auswärtsatmosphäre gleichbedeutend mit dem Ende des historischen Daviscups sei. Auch der derzeit um sein Comeback kämpfende Jürgen Melzer zählt zu den Skeptikern; der österreichische Tennisverband hat sich indessen noch nicht zu den Plänen geäußert.

Aktuell wäre Österreich aber ohnehin nicht am World Cup of Tennis teilnahmeberechtigt. Nach dem 5:0 über Weißrussland Anfang Februar spielt die Mannschaft von Kapitän Stefan Koubek am 6./7. März in der nächsten Runde der Europa-Afrika-Zone I auswärts gegen Russland. Nur bei einem - ohnehin schwierig zu holenden Sieg - würde es im September in einem Play-off um den Aufstieg in die höchste Leistungsklasse gehen. Dort wären freilich die Chancen weit größer, dass österreichische Tennis-Fans regelmäßig den heimischen Topstar Dominic Thiem sehen könnten - wenn auch wohl nicht auf heimischem Boden.