Aare. (art) Wer unter Österreichs Skifans der Meinung gewesen sein mag, es könne kaum etwas bitterer sein als die vierten Plätze von Stephanie Venier und Ramona Siebenhofer, bei denen jeweils nur vier Hundertstel zwischen Bronze und Blech lagen, der wurde ausgerechnet von den deutschen Nachbarn am Dienstag eines Besseren belehrt. Die DSV-Equipe wähnte sich im Teambewerb im kleinen Finale gegen Italien schon als Sieger und ergo Medaillengewinner, ehe Linus Straßers Sieg im letzten Lauf wegen eines Einfädlers zu Recht aberkannt und Italien Bronze zugesprochen wurde.

Damit hält Deutschland bei dieser WM in Aare weiter bei null Stockerlplätzen - im Riesentorlauf der Damen, mit dem am Donnerstag (14.15/17.45 Uhr) die Technikrennen eröffnet werden, soll sich dies nun ändern. Anders als die Österreicherinnen gilt Viktoria Rebensburg als Anwärterin auf Edelmetall - wenngleich die von Fast-alles-Gewinnerin Mikaela Shiffrin, Titelverteidigerin Tessa Worley, Petra Vlhová und Ragnhild Mowinckel angeführte Konkurrenz groß und ihre eigene Saison bisher durchwachsen ist. Viel hat allerdings nicht gefehlt, und Rebensburg hätte sie vor wenigen Tagen schon gerettet - genauer gesagt der Wimpernschlag von zwei Hundertstel, die sie im Super-G am Stockerl vorbei gefahren war. Sieben Hundertstel war sie hinter Siegerin Shiffrin geblieben.

Höhen und Tiefen

Für die Bayerin war dies allerdings kein Grund, in Selbstmitleid zu verfallen. "Ich bin seit Beginn meiner Karriere überzeugt, dass sich so etwas ausgleicht und die Hundertstel irgendwann zurückkommen." Vielleicht in ihrer Paradedisziplin, in der sie schon 2010 Olympiasiegerin wurde? Unmöglich scheint es nicht. Schneeverhältnisse und Piste liegen der 29-Jährigen, und mit Aare verbindet sie eine persönliche Liebesgeschichte, seit sie zur WM 2007 und damit zu ihrem ersten Großereignis nachnominiert worden war und als 17-Jährige im Schatten von Nicole Hosps Gold-Coup locker und unbekümmert auf den achten Platz fuhr. "Ich kann mich noch gut erinnern, als ich mit leuchtenden Augen im Bus gesessen bin", erzählt sie heute. Seit damals ist Rebensburg eine Konstante im Weltcup; nach Olympia-Gold in Vancouver gewann sie noch Bronze 2014 in Sotschi, dazu die WM-Silbermedaille 2015 in Vail und insgesamt dreimal den Disziplinenweltcup. Allerdings wecken die Resultate bei der diesjährigen WM in Aare auch negative Erinnerungen: Vor zwei Jahren in St. Moritz hatte sie in Super-G und Abfahrt (11.) die exakt gleichen Plätze belegt wie jetzt - danach war sie im Riesentorlauf ausgeschieden. "Das war für mich der schwierigste Moment", sagt Rebensburg, die aber wieder aufgestanden ist und in der vergangenen Saison zum insgesamt dritten Mal mit dem Gewinn der kleinen Kristallkugel zurückgeschlagen hat.

Dem Hoch folgten freilich wieder Tiefen: In diesem Winter ist Rebensburg noch nicht auf Touren gekommen, im Riesentorlauf stehen zwei zweite Plätze, aber auch zwei Ausfälle stehen zu Buche. "Es ist klar, dass ich nicht zu den größten Favoritinnen gehöre. Aber ich weiß, was ich kann", sagt sie. Dass der Druck im deutschen Team ob der bisherigen Medaillenlosigkeit nun hauptsächlich auf ihr lastet, stört sie weniger: "Das ist ja mittlerweile nichts Neues mehr."