Seefeld. (may) Die 52. nordische Ski-WM ist seit Sonntag Geschichte - und doch ist es zu früh für ein abschließendes Urteil. Schließlich ist der Doping-Skandal, der Mitte vergangener Woche die fröhliche Stimmung in Seefeld erschütterte, noch längst nicht ausgestanden und vollständig aufgeklärt. Wer noch aller involviert ist, und wer vielleicht einmal mit besseren Testmethoden auffliegen wird, wird erst die Geschichte zeigen. Gesichert ist vorerst nur, dass es zum ersehnten Gold für den rot-weiß-roten Veranstalter nicht gereicht hat - und das aufgrund des Doping-Skandals im doppelten Sinn gemeint.

Mit vier Mal Silber und fünf Mal Bronze hat Österreich sportlich überzeugt und steht am Ende im quantitativen Medaillenspiegel hinter den überragenden Norwegern (25 Mal Edelmetall) gemeinsam mit den Deutschen (sechs Mal Gold) auf Rang zwei. Damit gab es einmal mehr Grund zu jubeln als jüngst bei den Alpinen in Aare (acht Medaillen), die normalerweise besser abschneiden als die Nordischen. Schönheitsfehler: der fehlende WM-Titel.

"Goldene sind halt schwierig. Wie schwierig das ist, sieht man bei den Alpinen. Das Leistungsniveau ist hoch, aber wir waren an einer Goldenen nie wirklich nah dran, außer beim Damen-Teamspringen. Da war immer ein Respektabstand", bilanzierte ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel. Nachsatz: "Wir sind aber sehr zufrieden, weil so viele Medaillen haben wir nicht erwartet."

Hochzufrieden konnte er mit den Kombinierern sein, deren Asse in allen vier Bewerben stachen. Und somit bewiesen, dass der jahrelange Neuaufbau nach Abtritt der Generation um Mario Stecher und Felix Gottwald punktgenau zur Heim-WM Früchte trug. Zudem wuchs der 36-jährige Bernhard Gruber, zuletzt im Weltcup formschwach, just zum Saisonhöhepunkt über sich hinaus und holte wie Youngster Franz-Josef Rehrl drei Medaillen.

Wer vor zwei Monaten, nach dem Totalabsturz beim Neujahrsspringen, prophezeit hätte, dass die ÖSV-Adler ihren Beitrag zu drei WM-Medaillen leisten würden, wäre wohl schief angesehen worden. Tatsächlich übererfüllten die Skispringen mit Team-Silber, Normalschanzen-Bronze durch Stefan Kraft sowie dem Mixed-Vize-Weltmeistertitel die (niedrigen) Erwartungshaltungen. Wiewohl der Druck bei der Heim-Kulisse dennoch enorm war. Chefcoach Andreas Felder kann somit in Ruhe seinen Umbau fortsetzen, der das Ziel hat, die ÖSV-Adler wieder zur Nummer eins zu machen.

Auch die Skispringerinnen haben die Seefelder Kulisse genützt, um Werbung für ihren noch jungen Sport zu machen: Das Niveau der Athletinnen ist mittlerweile hoch, der neue Team-Bewerb (übrigens von Schröcksnadel noch ins Programm gehievt) eine spannende Bereicherung, und die ÖSV-Damen eroberten mit drei Medaillen und sonnigen Auftritten die Herzen der Fans.

Apropos Sonne: Dass diese fast unentwegt schien, war ein wesentlicher Faktor für die gute Stimmung unter den zahlreichen Besuchern - wiewohl die mitunter zweistelligen Plusgrade die Wachsstuben zum Glühen brachten. Mit 205.000 Besuchern, darunter gut 60.000 Skandinavier, können die Veranstalter positive Bilanz ziehen - zumal nicht wenige Fans aus dem hohen Norden von den besten Titelkämpfen aller Zeiten sprachen. "Es war ein Traum. Alles ist super aufgegangen", erklärte Bürgermeister und OK-Chef Werner Frießer am Montag. Der Doping-Skandal könne diese positive Bilanz nicht wirklich trüben, meinte Frießer: "Mit so etwas muss man offenbar leider inzwischen bei Großveranstaltungen rechnen."

Womit noch einmal das Schlaglicht auf die ÖSV-Langläufer fällt: Auch ihnen gebührt ein großes Lob, nämlich jenen, die sich trotz der widrigen Umstände sportlich fair und völlig chancenlos dennoch durch die Loipe quälten. Besonders Teresa Stadlober zeigte mit zwei Mal Rang acht, dass der Langlauf-Sport in Österreich eine Zukunft und mehr zu bieten hat als negative Schlagzeilen, die alles überschatten können.