Acht Siege, zwanzig Podestplätze durch vier verschiedene Athletinnen und die überlegene Führung im Nationencup - während Österreichs männliche Skispringer, lange Zeit das Nonplusultra im Weltcup, international mit der Ausnahme von Stefan Kraft hinterherfliegen, sind die Damen derzeit kaum zu bremsen. Nach elf von 21 Saisonbewerben stellt das Team von Cheftrainer Harald Rodlauer mit der vierfachen Weltcupsiegerin Chiara Hölzl und Eva Pinkelnig, die auch schon drei Erfolge feierte, die Erste und Dritte der Gesamtwertung und mit Marita Kramer eine weitere Saisonsiegerin. Alle drei haben in diesem Winter ihre Premierenerfolge gefeiert und sind aus dem Schatten der Ex-Weltcupsiegerin und Ex-Weltmeisterin Daniela Iraschko-Stolz (WM-Dritte 2019) getreten, die auch immerhin zweimal Dritte war. Wie groß die Dichte im Team derzeit ist, zeigt auch, dass Jacqueline Seifriedsberger, jahrelang hinter Iraschko-Stolz die Nummer zwei, aktuell nicht mit ihren stärkeren Landsfrauen mithalten kann.
Doch von Frust ist vor dem Heim-Weltcup in Hinzenbach mit den Bewerben am Samstag und Sonntag auch bei der Oberösterreicherin nichts zu merken, vielmehr profitiere sie ebenfalls von der Stimmung im Erfolgsteam. "Jede schaut auf die andere und hilft auch, wenn es mal zwickt", sagt Seifriedsberger. Vom Niveau der Zugpferde sei sie aber "ein Stück weit weg - so realistisch muss man sein".
WM als Initialzündung
Doch auch der Höhenflug der anderen sei so nicht voraussehbar und schon gar nicht planbar gewesen, sagt Cheftrainer Rodlauer. Rückblickend sieht er die Leistungen bei der Heim-WM in Seefeld 2019 mit Edelmetall in allen drei Bewerben als Initialzündung für Hölzl, Pinkelnig und Co. "Durch die Medaillen und drei Top-Ten-Plätze in der Weltcup-Gesamtwertung haben die Mädels gesehen, was möglich ist", erklärt Rodlauer im Gespräch mit der Austria Presse-Agentur. Der Steirer verweist auch auf die perfekte Zusammenarbeit im "kleinen, aber feinen Team" mit Co-Trainer Romed Moroder, einem Südtiroler, dem Techniker Norbert Mörtl und den abwechselnd eingesetzten Physiotherapeutinnen Anna-Maria Koller und Iris Hosp. Zudem sorgt Kombinierer-Cotrainer Christoph Bieler mit für ein perfekt sitzendes Schanzen-Outfit. Das Umfeld sei perfekt, betont Rodlauer, aber das sei noch keine Erfolgsgarantie. "Springen müssen die Athletinnen selbst, und sie machen das sehr professionell." Zudem verstünden sich die Springerinnen untereinander sehr gut. "Natürlich wollen alle gewinnen, aber sie vergönnen es auch den anderen", meint er. Vor der Saison hatte Rodlauer gemeint, wenn eine in den berühmten "Flow" komme, dann sei alles möglich. Nun schwebt seine Mannschaft tatsächlich beinahe geschlossen auf Wolke sieben, was auch für die Atmosphäre in Hinzenbach, wo einzig das Wetter in den vergangenen Tagen die Vorbereitungen auf der Schanze beeinträchtigt hatte, Positives erhoffen lässt.
Auch vor diesem Hintergrund gelte es nun aber auch, die Bodenhaftung nicht zu verlieren. "Die Wertschätzung ist wichtig, aber wir müssen aufpassen, dass sie gut vorbereitet und nicht übermotiviert sind", betont Rodlauer. "Wir müssen hellwach sein, denn die Konkurrenz ist stark." Und was passieren kann, wenn man zuviel will, braucht man nur die einst so erfolgsverwöhnten Herren zu fragen - oder auch Jacqueline Seifriedsberger: "Das geht dann auch mal in die Hose."(apa/art)