Vor 70 Jahren gab es auf dem Kulm in Bad Mitterndorf das erste Skifliegen - 103 Meter lautete die Bestweite des Österreichers Rudi Dietrich. 2020 haben sich die Dimensionen - und Markierungslinien - gewaltig verschoben, der aktuelle Schanzenrekord von Peter Prevc liegt bei 244 Metern. Auch wenn die magischen 250 Meter an den Flugtagen von Freitag bis Sonntag eher nicht zu erwarten sind, 25.000 begeisterte Besucher werden über das ganze Wochenende am Fuße der Tauplitz erwartet.
Auch um seinen Weltrekord von 253,5 Metern braucht sich Stefan Kraft nicht zu sorgen, den Lokalmatador beschäftigen sowieso andere Ziele: Nämlich erstmals auf der Heim-Flugschanze zu gewinnen und/oder das gelbe Trikot des Weltcupführenden weiter zu behalten.
Probe vor Skiflug-WM
Mit 1113 Punkten hat Kraft aktuell 68 Zähler Vorsprung auf den ersten Verfolger Karl Geiger (D), 173 sind es auf Tournee-Sieger Dawid Kubacki (Pol). Doch beim ersten Skifliegen der Saison, das auch eine Standortbestimmung vor der Skiflug-WM vom 19. bis 22. März in Planica ist, werden die Karten neu gemischt. "Man muss schauen, wo man steht, oder ob man noch etwas machen muss nach dem Kulm. Es mischt sich dann doch immer wieder ein bisserl durch, weil manche einfach besser fliegen können", sagte Kraft. Dem 26-jährigen Doppel-Weltmeister von 2017 fehlt in seiner Karriere noch ein Heimsieg. Das war ein erklärtes Ziel des Pongauers schon vor dem Saisonstart. Mit zwei vierten Rängen in Innsbruck und Bischofshofen bei der Tournee hat er es wieder verpasst. Auf dem Kulm war er 2015 einmal Zweiter hinter Severin Freund (D), und bei der bisher letzten Skiflug-WM in Bad Mitterndorf holte er vor vier Jahren im Einzel und mit dem Team Bronze. 2018, als wie 2015 der zweite Einzelbewerb wegen Windes abgesagt werden musste, war Kraft nur Neunter. Für den erhofften Heimsieg müsse, so Kraft, "viel zusammenpassen".
Die Wetterbedingungen für eine Flugshow dürften nach den Turbulenzen der vergangenen Tage ideal werden - insbesondere für die beiden Wettkampftage sind Sonne und wenig Wind prognostiziert.
Indes gibt es nach dem Unfall von Lukas Müller eine Lösung für Vorspringer: Diese werden nun am Kulm erstmals nach dem ASVG als Dienstnehmer angemeldet und sind somit versichert. Das hat am Donnerstag die Sportgewerkschaft younion berichtet - der ÖSV hat die Angaben bestätigt. Müller hatte sich am 13. Jänner 2016 im Rahmen der Skiflug-WM bei einem Sturz als Vorspringer eine schwere Wirbelsäulenverletzung zugezogen, es war eine inkomplette Querschnittlähmung diagnostiziert worden. Nach einem Rechtsstreit wurde der Unfall 2019 als Arbeitsunfall anerkannt. "Wenn andere nun besser abgesichert sind, bekommt mein Unfall nun wenigstens einen Sinn", so Müller.