Viel Zeit zum Verdauen von Weihnachtsgans und Keksen blieb den alpinen Ski-Speed-Spezialisten in diesem Jahr nicht, erwartet doch die Herren in Bormio ein regelrechtes Mammutprogramm. Am Dienstag eine Abfahrt auf der berüchtigten Stelvio, Mittwoch und Donnerstag (jeweils ab 11.30/ORF 1) zwei Super G. Tagesschnellster im Abschlusstraining war der Schweizer Niels Hintermann 1,53 Sekunden vor ÖSV-Fahrer Daniel Hemetsberger. Und die Herren zeigten durchwegs Respekt, manche bezeichneten den Kurs sogar als den schwierigsten überhaupt.

Viele Athleten sparten deshalb ihre Kräfte auf und fuhren größere Passagen aufrecht. Hemetsberger schätzte die Platzierung richtig ein. "Wenn man auf die Anzeigentafel schaut, passt die Platzierung, aber der Rückstand ist auch viel, Kollege Hintermann ist ziemlich durchgefahren." Freilich gelte es, sich die Kräfte einzuteilen und hauptsächlich "die schweren Sachen probieren". Für Hemetsberger ist das "weiße Biest", wie die Piste genannt wird, sogar schwieriger als die Streif in Kitzbühel. "Die Stelvio ist sauschwer, meiner Meinung nach ist sie die schwerste Abfahrt." Dabei habe man am Montag auf der gewöhnlich finsteren Strecke noch etwas erkennen können. "Wenn das morgen anders ist, wird es nochmals um einen Zacken schwerer."

Während Hemetsberger auf einen Top-15-Rang schielt, will sich Doppel-Olympiasieger Matthias Mayer, der in den Abfahrts- und Super-G-Wertungen führt, als Tages-23. seine Reserven angreifen - und zuschlagen. "Vom Grip her habe ich mir schwerer getan als gestern. Aber jeder taktiert sicher nicht, sonst wären nicht ein paar Leute 3,5 Sekunden hinten so wie ich, aber viele." Einer der Mitfavoriten ist sicher der Schweizer Beat Feuz, der sich mit den Rängen 22 und 12 an das Renntempo herangepirscht hat. "Die Trainings hier in Bormio sind immer mit Vorsicht zu genießen, weil Energie muss gespart werden. Heute hat jeder das Training von gestern in den Knochen gespürt", so Feuz. Wie der Schweizer die Stelvio einschätzt? "Von den Klassikern ist es die strengste Strecke rein körperlich gedacht. Es ist vielleicht nicht die schwierigste wie Kitzbühel von der Steilheit, aber einfach was es körperlich abverlangt."

Vincent Kriechmayr (45./+4,67 Sekunden) "weiß schon zwei Passagen, die ich vernudelt habe. Da runter fehlerfrei fahren ist nicht so einfach". Er ist froh, dass die Stelvio nach kurzer Weihnachtspause auf dem Programm steht. "Das Weihnachtsfest war sehr besinnlich, da runter ist nichts besinnlich." Ähnlich sieht das Max Franz, der mit einem Rückstand von 7,70 Sekunden als 58. ins Ziel kam: "Ich habe die Abstimmung noch nicht gefunden, muss noch bisserl tüfteln", sagte der Kärntner. Otmar Striedinger sprach gar von einem "Überlebenskampf."

Corona-Pause für Shiffrin

Weniger martialisch wird es wiederum beim Damen-Weltcup am Dienstag in Lienz zugehen. Dabei ist es schon etwa länger her, dass Österreichs Technikerinnen ohne Top-drei-Rang zu den nachweihnachtlichen Rennen in Österreich gereist sind. Das war 2016/17 der Fall, als es insgesamt überhaupt nur einen Stockerlplatz im ganzen Winter für das heimische Riesentorlauf- und Slalomteam gab. Am Dienstag und Mittwoch in Osttirol tritt der ÖSV wohl wieder in Bestbesetzung an, allein voran Katharina Liensberger dürfte nach der Corona-Infektion und Zwangspause wieder im Aufgebot stehen.

Liensberger hatte vor zwei Jahren die seit 2013 andauernde Stockerlplatz-Sperre in Lienz beendet, war im Riesentorlauf Dritte geworden. Am Dienstag (10/13 Uhr/ORF 1) sind die Schwedin Sara Hector, die Italienerin Marta Bassini und die Schweizerin Michelle Gisin die großen Gejagten. US-Profi Mikaela Shiffrin hingegen muss wegen einer Corona-Infektion (ohne Symptome) pausieren. In ihrem einzigen Rennen in dieser Disziplin verpasste Liensberger in Sölden als Vierte das Stockerl. Bevor es nach Peking zu Olympia geht, warten auf sie zwei Weltcups in Marburg (8. Jänner) und am 25. am Kronplatz.