Im Vorjahr fielen die Lauberhornrennen der Alpha-Variante des Coronavirus zum Opfer - eine in der Nachbetrachtung wohl völlig überzogene Maßnahme der lokalen Gesundheitsbehörden. Dass dann die Rennen ausgerechnet vom alpinen Rivalen Österreich übernommen wurden (Kitzbühel und Flachau), mag viele eidgenössische Sportfans tief ins Mark getroffen haben. Heuer sieht die Sache anders aus: Trotz horrend wirkender Omikron-Infektionszahlen in der Schweiz denkt niemand ernsthaft daran, die 92. Lauberhornrennen abzusagen oder zu verlegen. Vielmehr gab es jüngst in Adelboden eine maskenlose Skiparty-Renaissance mit 12.000 Fans beim Heimerfolg von Marco Odermatt.
Das wiederum war dann aber auch den Wengen-Machern zu viel, weshalb es bei der am Donnerstag mit dem Super G (12.30 Uhr/ORF1) beginnenden Traditionsveranstaltung wieder strikter zugehen soll. Oberstes Ziel sei es, dass die Sportler kurz vor dem Saisonhöhepunkt geschützt werden - auch wenn das in dem kleinen Bergdörfchen, das im Kuhglockengedonner regelmäßig unterzugehen pflegt, normalerweise nicht funktioniert. "Wir tun alles, um die Fahrer zu schützen. Wir wissen, dass die Teams kurz vor den Olympischen Spielen nervös sind und nichts riskieren wollen. Aber letztendlich sind es die Teams, die sich an das Schutzkonzept halten müssen", meinte OK-Präsident Urs Näpflin. Bis auf den Super-G-Tag ist Publikum prinzipiell zugelassen (3G draußen, 2G und Maskenpflicht drinnen), allerdings dürfte sich der Andrang trotz der Schweizer Ski-Erfolge diesmal in Grenzen halten. Der Vorverkauf sei mäßig verlaufen, man spüre eine gewisse Zurückhaltung bei den Fans, sagte Näpflin am Wochenende. "Aber im Moment sind wir einfach glücklich, überhaupt Rennen mit Fans durchführen zu können."
Einer, der Hundschopf, Minschkante und Ziel-S ganz besonders liebt, könnte heuer die längste Weltcupabfahrt der Welt aber verpassen - Weltmeister und 2019-Lauberhorn-Champion Vincent Kriechmayr. Nach einem positiven Corona-Test musste er auch am Mittwoch noch in der Heimat weilen und versäumte somit auch den zweiten Trainingslauf, weshalb er normalerweise nicht bei den beiden Abfahrten am Freitag und Samstag startberechtigt ist. Möglicherweise gibt es aber ein Hintertürchen für den 30-Jährigen, wie ÖSV-Männer-Cheftrainer Andreas Puelacher mitteilte. Die FIS-Jury, die darüber letztlich entscheiden muss, und die Trainer der anderen Nationen seien möglichen Optionen nicht abgeneigt. "In dieser schwierigen Zeit sollte man einem Sportler, egal woher er kommt, von der FIS die Möglichkeit bieten, dass er eventuell die Abfahrt fahren könnte. Man soll im Sinne des Sportlers und auch im Sinne des Sports entscheiden", betonte der Tiroler. Erstes Ziel sei aber seine Teilnahme am Super G (Nachtrag für Lake Louise/Bormio), die einem Wettlauf mit der Zeit gleichkam. Denn Kriechmayr, der längst wieder negativ getestet war, bekam erst Mittwochnachmittag das grüne Licht der heimischen Behörden, ehe er flugs von Obertauern ins Berner Oberland rauschen durfte. Eine ideale Vorbereitung sieht wahrlich anders aus.
Allerdings ist ein Super G auf der klassischen Abfahrtsstrecke für die gesamte aktuelle Rennfahrergeneration komplettes Neuland. Erst einmal in der Historie wurde dort ein Super G ausgetragen - den Slalom-Ersatz gewann 1994 der für Luxemburg startende Vorarlberger Marc Girardelli.
Tränen und Triumphe in Schladming
Indes sorgte Mikaela Shiffrin am Dienstagabend für ein weiteres Glanzlicht ihrer Karriere: Beim Nachtslalom in Schladming feierte sie ihren 73. Weltcup-Erfolg - den 47. im Torlauf -, und war hernach zu Tränen gerührt. Nicht nur, weil sie damit Rekordhalter Ingemar Stenmark übertrumpfte (was Erfolge in einer Weltcup-Disziplin betrifft), sondern wegen der siegreichen Premiere auf der klassischen Planai-Männerpiste. "Es ist ein Privileg, hier zu starten. Ich wollte es wert sein, auf diesem ikonischen Berg zu fahren", sagte die Amerikanerin. Grund zum Feiern hatte auch die knapp geschlagene Slowakin Petra Vlhova, die sich bereits zwei Rennen vor Saisonende die kleine Kristallkugel sicherte.