Vor eineinhalb Jahren war Johannes Lamparter hauptsächlich Insidern in der nordischen Kombination bekannt. Er war auch gerade erst 19 Jahre, immerhin schon sechsfacher Medaillengewinner bei Junioren-Weltmeisterschaften und innerhalb des ÖSV als großes Talent bekannt, im Weltcup aber noch nie so richtig durchgestartet. Mit dem Beginn der vergangenen Saison änderte sich das schlagartig. Heute ist Lamparter zweifacher Weltmeister - im Teamsprint und, noch viel sensationeller, im Einzel von der Großschanze -, Weltcup-Gesamtführender, absoluter Medaillenkandidat für die Olympischen Spiele - und rot-weiß-roter Hoffnungsträger für das Nordic Combined Triple in Seefeld, das am Freitag mit dem Bewerb über 7,5 Kilometer beginnt.
Seit seiner Einführung 2014 hat sich die Serie in den Tiroler Alpen - die nur 2019 wegen der Heim-WM nach Frankreich verlegt wurde - als Fixpunkt im Weltcup-Kalender etabliert, ähnlich wie Lamparter nun in der Weltspitze. Dass sein Aufstieg so rasant gekommen ist, ist dem Tiroler nicht zu Kopf gestiegen, im Gegenteil. "Ich lasse mich von wenigen Sachen aus der Ruhe bringen", sagt Lamparter. Als passionierter Perchtenläufer gibt es eben kaum Dinge, die ihm noch einen Schrecken einjagen können.
Die Mischung aus Unbekümmertheit und Abgeklärtheit trotz seines jugendlichen Alters sei es, die ihn stark mache, zudem eine feine Sprung- und Lauftechnik, an der er aber noch etwas feilen will. Vorbild dazu ist ausgerechnet jener Mann, dem er zuletzt mit drei Siegen und einem zweiten Platz die Weltcup-Führung entrissen hat: Jarl Magnus Riiber, der
(Fast-)Alles-Gewinner der vergangenen Saisonen. Blöd nur, dass ausgerechnet dieser Mann nach einer Wettkampfpause von vier Rennen in Seefeld sein Comeback gibt - und wohl alles unternehmen will, sich das Trikot des Gesamtführenden zurückzuholen.
"Ready für drei coole Tage"
Für Lamparter ist der um vier Jahre ältere Riiber auch jener Mann, den es in Seefeld zu schlagen gilt. Immerhin hat der Norweger vor seiner Auszeit, die er sich auch gegönnt hatte, um seine Rückenbeschwerden vor Olympia auskurieren zu können, sieben Bewerbe hintereinander gewonnen. Natürlich werde es das Trikot des Führenden "daheim mit Stolz präsentieren", sagt er, "man muss aber auch sagen, dass Jarl vier Rennen ausgelassen hat. Nichtsdestotrotz will ich es natürlich nicht so leicht hergeben."
Form, Training - zuletzt auf der Höhe in Lüsens sowie beim Springen in Seefeld und Innsbruck - und die Umstände beim Heim-Weltcup stimmen Österreichs neues Kombinierer-Aushängeschild jedenfalls zuversichtlich. Es sei zwar schade, dass Corona-bedingt wie im Vorjahr keine Zuschauer zugelassen sind, einen gewissen Heimvorteil sieht er dennoch. "Ich kenne hier echt jeden Millimeter. Es macht sehr viel Spaß daheim. Die Runde kommt mir zugute, es ist alles angerichtet, alle sind ready für drei coole Wettkampftage", sagt Lamparter.
Für diese wurde das Triple-Punkteberechnungssystem für die Abstände nach den jeweiligen Bewerben und die Streckenlängen im Langlauf etwas adaptiert. Diesmal sind es nach jeweiligen Normalschanzenspringen von Freitag bis Sonntag 7,5, 10 und 12,5 Kilometer. ÖSV-Trainer Christoph Eugen hofft trotz der bisher nicht berauschenden Triple-Ergebnisse auf Stockerlplätze. "Natürlich hat Johannes absolut das Zeug dazu, Lukas Greiderer und Franz-Josef Rehrl sind auch auf einem sehr gutem Level, auch Mario Seidl hat seine Möglichkeiten."
Sehr viel sei derzeit aber schon auf Peking ausgelegt. Bis zur Abreise am 4. Februar verlassen die Olympia-Teilnehmer die jetzt in Seefeld bezogene "Blase" nicht mehr, obwohl es Anfang nächster Woche noch einmal zum Höhentraining nach Lüsens geht.
Und wer weiß? Vielleicht gibt es dann in China auch einen österreichischen Medaillengewinner, der bis vor eineinhalb Jahren nur echten Insidern ein Begriff war.(art/apa)