Sie war fast den Tränen nahe. Aber das war angesichts der Leistung, die Ricarda Haaser am Montag in Meribel auf die Piste brachte, auch verständlich. Die Tirolerin hat im ersten Bewerb die erste Medaille für Österreich bei der alpinen Ski-WM in Frankreich geholt. In der Kombination gewann Haaser Bronze, es war bisher der größte Erfolg in ihrer Karriere. Gold ging an Federica Brignone aus Italien, die schon nach dem Super G vorne gelegen war. Silber gab es für die Schweizerin Wendy Holdener. Die große Favoritin Mikaela Shiffrin fädelte auf Medaillenkurs bei einem der letzten Tore ein.

Franziska Gritsch, nach dem Super G aussichtsreiche Siebente, zeigte einen unterdurchschnittlichen Slalom und blieb hinter ihrer Teamkollegin Ramona Siebenhofer zurück. Die Tirolerin wurde Fünfte, Siebenhofer wie vor vier Jahren in Aare Vierte. Um 22 Hundertstelsekunden verpasste sie - wieder - das Stockerl. Holdener katapultierte sich dank einer Slalom-Bestzeit vom 15. Super-G-Rang auf den zweiten Platz, kam aber an Brignone nicht mehr heran. Die 32-Jährige gewann mit 1,62 Sekunden Vorsprung. Für die 29-jährige Holdener war es bereits die zehnte Medaille bei einem Großereignis.

Haaser, im Weltcup bisher einmal Riesentorlauf-Vierte (2018 Ofterschwang), freute sich über beide solide Leistungen. "Die Erwartungen sind bei den anderen gehangen, daher habe ich versucht, einen guten Super G zu fahren und im Slalom mit einer stabilen Position zu fahren, trotzdem zu attackieren. Es ist aufgegangen", sagte die Super-G-Achte. "Turbo habe ich keinen gezündet, aber es war eine solide Leistung."

2021 hatte noch ein akuter Bandscheibenvorfall die WM-Teilnahme der heute 29-Jährigen verhindert. "Ich habe mich immer wieder zurückgekämpft, hatte das Glück nicht immer auf meiner Seite."

Tränen auch bei Siebenhofer

Für Brignone war es in einer bereits langen Laufbahn ihre erste Goldene bei einem Großereignis. "Was in meiner Karriere gefehlt hat, war eine Goldmedaille", sagte die 32-Jährige, die auch die bisher letzte Weltcup-Kombination für sich entschieden hatte. Vor zwei Jahren hatte sie bei der Heim-WM in Cortina d’Ampezzo ebenfalls nach dem Super G geführt, schied aber im Slalom aus. "Ich bin wirklich stolz darauf, wie konzentriert ich war und wie meine Einstellung in beiden Läufen war. Ich habe es genießen können." Brignone holte die erste Kombi-Goldene bei einer WM für Italien.

Gritsch berichtete, sie sei oben am Start nicht so gut reingekommen. "Ich habe nicht wirklich in den Rhythmus gefunden und leider Gottes mich nicht so gut eingefädelt. Dann ist es schwer, den Ski freizugeben." Sie freute sich mit ihrer Teamkollegin. "Sie hat auch schon schwere Jahre hinter sich", so die Tirolerin. Bei Siebenhofer kullerten wie 2019 ein paar Tränen. "Ich habe Michelle Gisin hinter mir gelassen im Slalom, die Franzi hinter mir gelassen. ‚Fede‘ muss wahnsinnig gut gefahren sein", sagte die Steirerin. "Am Ende hat es wieder nicht gereicht." Gleiches galt für Shiffrin, die im Slalom mit Bestzeit ins Ziel gekommen wäre, aber ins Straucheln geriet. Das drittletzte Tor passierte sie dann inkorrekt. "Ich habe mich vertan", sagte sie. Aber: "Ich war zufrieden mit der Aggressivität."