Es war ein durchaus starkes Lebenszeichen einer von vielen ungeliebten Disziplin: Anders als vor zwei Jahren bei der WM-Premiere in Cortina lieferte der Parallelbewerb in Meribel spannende Duell, faire Bedingungen und summa summarum mitreißenden Skisport – und diesmal auch keine Ex-aequo-Farce mit regelunkundigen FIS-Funktionären wie dereinst um Katharina Liensberger und Marta Bassino. Und auch aus ÖSV-Sicht bescherte der in Form von kurzen Riesentorlauf-Schwüngen ausgeflaggte Parallel-Kurs ein ansehnliches Erfolgserlebnis – WM-Debütant Dominik Raschner, der nur aufgrund dieser Disziplin ins WM-Aufgebot gerutscht war, raste zu Silber. Der 28-jährige Tiroler musste sich erst im Finale dem am Mittwoch (fast) unschlagbaren Alexander Schmid beugen, der damit das erste Edelmetall für Deutschland einfuhr.

Pech hatte indes Adrian Pertl, der das kleine Finale gegen den norwegischen Van-Deer-Piloten Timon Haugan knapp verlor und damit das bereits sechste ÖSV-Blech bei diesen Titelkämpfen einsacken musste; für die einzige ÖSV-Dame im Bewerb, Franziska Gritsch, kam schon im Viertelfinale das Aus. Parallel-Weltmeisterin wurde die Norwegerin Maria Therese Tviberg.

"Ich kann es mir gar nicht schöner vorstellen gerade. Es ist wirklich ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen, bei einem Großereignis eine Medaille zu machen", freute sich Raschner, der im Halbfinale das innerösterreichische Duell mit Pertl für sich entscheiden konnte. "Das Duell mit Adi war extrem spannend, war extrem knapp. Im Finale habe ich leider ein, zwei kleine Fehler gemacht, das spielt es da einfach nicht. Natürlich hätte ich gerne gewonnen, aber ich bin mit der Silbermedaille mehr als zufrieden." Auch Herren-Rennsportleiter Marko Pfeifer freute sich, dass sein Nominierungs-Poker aufgegangen ist: "Es freut mich für den Raschi. Er hat die Aufstellung für die WM bestätigt." Der 28-Jährige hatte im Slalom-Weltcup heuer kaum Ergebnisse gebracht (Rang 21 in Kitzbühel als beste Platzierung), allerdings hatte er es in der Vorsaison beim einzigen Parallel-Event in Lech/Zürs auf Rang zwei geschafft. Und im Teambewerb am Dienstag war Raschner die schnellste Zeit gefahren.

An Riesentorlauf-Spezialist Schmid gab es an diesem Tag aber kein Vorbeikommen – der Deutsche präsentierte sich "unheimlich stolz und überglücklich" als verdienter Gewinner der Goldmedaille. Vor ihm hatte zuletzt 1989 mit Hansjörg Tauscher in der Abfahrt ein deutscher Skirennläufer einen WM-Einzelsieg feiern dürfen. "Man muss so fokussiert bleiben und von Lauf zu Lauf schauen. Wenn man jeden Lauf konstant fährt, kann es weit nach vorne gehen."

Eine weitere ÖSV-Medaille wäre am Donnerstag (9.45/13.30 Uhr) allerdings ein kleines Wunder – steht doch mit dem Damen-Riesentorlauf die Problemdisziplin par excellence an. Immerhin eine im ÖSV-Team träumt für die Zukunft groß – und spricht ihre Ziele unverhohlen aus: Julia Scheib. Mit den Rängen 13, 12 und 11 hat sich die 24-jährige Steirerin den Top-Ten angenähert, nun soll es in Meribel mehr sein: "Die Medaillen sind das Ziel, das ist ganz klar", sagt sie. Und auch die Riesentorlauf-Kugel will sie eines Tages gewinnen. Top-Favoritin ist freilich Mikaela Shiffrin, die fünf der acht Rennen in dieser Saison gewonnen hat und nach Silber im Super G nun voll zuschlagen möchte. Katharina Liensberger, Ricarda Haaser und Franziska Gritsch hoffen wie Scheib auf eine Leistungsexplosion.