Die bittere Pille "Blech" auf der Normalschanze von Planica war schnell verdaut. Auf der Großen nimmt Titelverteidiger Stefan Kraft am Freitag (17.30 Uhr) einen neuen Anlauf. Die Vorzeichen stehen gut - der dreimalige Einzelweltmeister ist in Topform, viele Konkurrenten sind es aber auch. Allen voran Deutschlands Andreas Wellinger, mehrere Polen und Slowenen sowie der auf der kleinen Schanze wie Kraft nicht von Windglück verfolgte Weltcupführende Halvor Egner Granerud aus Norwegen.

Krafts Teamkollegen Daniel Tschofenig, Jan Hörl, Manuel Fettner und Michael Hayböck gehören nicht zum Favoritenkreis, dürfen nach teils sehr guten Weltcup-Ergebnissen aber auf einen Überraschungscoup hoffen. "Unsere Leute sind gut drauf. Krafti ist Titelverteidiger, er ist knapp dran, auch die anderen sind gut in Form - da sollte es eigentlich schon funktionieren", betonte ÖSV-Cheftrainer Andreas Widhölzl im Gespräch mit der Austria Presse Agentur. Möglicherweise laufe es ja wie bei der WM 2021. "Vor zwei Jahren sind wir auf der Kleinen auch paniert worden, auf der Großen war es dann ganz anders."

Damals hatte sich Kraft unerwartet Einzelgold gesichert. Seiner vergangene Woche nach Halbzeitführung bei turbulenten Bedingungen verpassten 13. WM-Medaille weint der Salzburger keine Träne mehr nach. "Mittlerweile kann ich damit leben, es hilft nichts, ich bin cool skigesprungen, aber es wollte nicht sein. So ist es schon vielen gegangen."

"Glaube an die Medaillenchance"

An den Ruhetagen Anfang der Woche habe er die vierten Plätze im Einzel und im Mixed-Team abgeschüttelt und neue Energie geschöpft. Obwohl er sich schon seit Monaten in starker Verfassung präsentiert und ihn anders als in früheren Wintern keine Wehwehchen plagen, sei ein Medaillengewinn eine große Herausforderung. "Es kann leicht sein, dass Drei eine übermenschliche Form auf der Großen haben, dann wird es auch wieder schwer. Aber ich freue mich drauf, bin in einer super Form, habe meine Sachen beieinander, bin körperlich topfit und gesund - daher ist eine Medaillenchance sicher da, und an das glaube ich auch." Aufgrund vieler blendend aufgelegter Konkurrenten werde es ein harter Kampf, sagte Kraft und verwies neben Wellinger, Piotr Zyla, Anze Lanisek und Co. auch auf Granerud. "Mit ihm ist wieder zu rechnen, er hatte im Einzel Pech und keine guten Bedingungen."

Kraft traut aber auch seinen Teamkollegen wie WM-Debütant Tschofenig viel zu. "Wenn er zwei Raketen zeigt, dann kann er auf das Stockerl kommen." Der Kärntner hatte wie Kraft, Granerud und einige andere am kleinen Bakken Windpech gehabt, sein Ärger ist aber schon schnell verraucht. "Ich bin wieder auf Normalzustand. Die Schanze liegt mir sehr gut, es kann alles drin sein", so Tschofenig, der sich mit seinen 20 Jahren noch nicht im engsten Favoritenkreis sieht.

"Eine Medaille ist kein Ziel, von dem ich sage, das muss jetzt passieren. Ich habe noch genug Zeit. Aber natürlich darf man träumen, und man darf Hoffungen haben."