Wien/Vail. (may) Wann hat es eigentlich keine Diskussion über das WM-Team der Ski-Nation Nummer eins - sprich Österreich - gegeben? Eigentlich hätte es heuer so weit sein sollen, weil in manchen Disziplinen die Anzahl an Medaillenkandidaten nicht bloß überschaubar, sondern eigentlich an einem Finger einer Hand abzulesen sind. Etwa im Herren-Slalom, wo es mit Marcel Hirscher überhaupt nur einen ÖSV-Fahrer gibt, der es heuer im Weltcup unter die besten Zehn geschafft hat (und das mehrfach).
Doch es wäre nicht Österreich, wenn es im 25-köpfigen Aufgebot für die am Montag beginnenden Titelkämpfe in Vail nicht doch Überraschungen und eben Diskussionen gegeben hätte - so auch am Mittwoch bei der offiziellen Kaderbekanntgabe. Denn da wurde auf zwei Routiniers, die im rot-weiß-roten Rennanzug schon große Erfolge gefeiert hatten, heuer aber weit von ihrer Bestform entfernt sind, verzichtet: Klaus Kröll (34), sechsfacher Weltcupsieger und Gewinner der kleinen Kristallkugel in der Abfahrt anno 2012, muss sich die Wettkämpfe ebenso im Fernsehen ansehen wie Andrea Fischbacher (29), dreifache Weltcup-Siegerin und Super-G-Olympiasiegerin 2010 in Vancouver. Bemerkenswert ist daran, dass der Startplatz von Kröll, der sich in Beaver Creek zumindest im Abfahrtstraining für einen Start empfehlen hätte können, an jemanden geht, der ganz sicher nicht starten wird. Denn stattdessen hat der ÖSV mit den beiden Slalom-Talenten Michael Matt (21) und Marco Schwarz (19) zwei Fahrer für das fünfte Slalom-Ticket nominiert. Hirscher, Mario Matt, Benjamin Raich und Reinfried Herbst sind kraft ihrer Weltcup-Platzierungen fix dabei - Michael Matt hat immerhin einen 16. Platz von Wengen zu Buche stehen, Schwarz indes ist noch gänzlich ohne Weltcuppunkt.
Wie begründet der ÖSV diese ungewöhnliche Entscheidung? "Wir haben wirklich genügend Speed-Leute bei der WM, Klaus hat seine Chancen leider nicht genützt", erklärte Herren-Chefcoach Andreas Puelacher. Außerdem werde von den beiden Slalom-Nachwuchshoffnungen ohnedies nur einen in den Flieger nach Denver steigen, um beim Schlussbewerb am 15. Februar teilzunehmen, so Puelacher. Entscheiden würden dann die Trainingsleistungen sowie die noch anstehenden Europacup-Rennen - und eben nicht, wie die beiden mit dem gewöhnungsbedürftigen Schneeverhältnissen in Beaver Creek zurechtkommen.
Dasselbe Schicksal dürfte auch Bernadette Schild erleiden, die zwar im Kader aufscheint, aber nur in den Flieger steigen würde, wenn sich eine Kollegin verletzt. "Für die Bernie tut es mir leid, aber sie hat es halt nicht in die Slalom-Grundaufstellung geschafft", meinte Damen-Coach Jürgen Kriechbaum. Nachsatz: "Das Aufgebot war eigentlich relativ vorhersehbar." Mehrfacheinsätze wird es für Anna Fenninger, Nicole Hosp, Elisabeth Görgl, Kathrin Zettel und Michaela Kirchgasser geben.
Bei den Herren steht in den Speed-Bewerben wieder einmal eine Qualifikation bevor, schließlich gibt es mit Romed Baumann, Max Franz, Vincent Kriechmayr, Georg Streitberger, Otmar Striedinger, Matthias Mayer und Hannes Reichelt sieben Kandidaten für die jeweils vier Startplätze in Super G und Abfahrt. Wobei es zumindest über die Fixplätze für Mayer und Reichelt keine Diskussionen geben sollte.
Und wenn es am Ende die erhoffte Medaillenmenge gibt - sechs bis acht ist das gewohnheitsmäßige Ziel von ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel - haben sich die Kaderdiskussionen ohnedies erledigt. "Ich bin überzeugt, dass Vail/Beaver Creek für uns eine gute Weltmeisterschaft wird", hofft auch ÖSV-Sportdirektor Hans Pum.