Beaver Creek. (art) Für ein paar Augenblicke war Cornelia Hütter weltberühmt. Als sie im WM-Auftaktrennen, dem unter schwierigen Bedingungen gestarteten Damen-Super-G am Dienstag, nach einer kompromisslosen Fahrt mit überlegener Bestzeit abschwang und auch die unmittelbar hinter ihr ins Rennen gegangene Mitfavoritin Lara Gut eine Sekunde Rückstand aufriss, spekulierten einige schon mit einer Sensation. Freilich, die Topgruppe sollte erst kommen - doch allzu viele Fahrerinnen gab es nicht, denen man auf diesem Kurs Großes zutraute, und Fehler sind schnell gemacht; da braucht man nur Nicole Hosp und Elisabeth Görgl zu fragen.

Es war dann genau das stärkste Trio, das der Damen-Skirennsport derzeit zu bieten hat, das vor Hütter blieb - und der Überraschungsfrau aus Österreich damit der vierte und damit undankbarste aller Plätze, 26 Hundertstel hinter Siegerin Anna Fenninger, 23 hinter der Slowenin Tina Maze und gar nur elf hinter US-Star Lindsey Vonn. Diese sind es nun auch, die den Favoritinnenkreis für die Abfahrt am Freitag (19 Uhr) bilden, ergänzt vielleicht noch um Gut, Görgl und die Liechtensteinerin Tina Weirather. Vor allem Vonn wird nach ihrem gefühlten Misserfolg alles drauf und dran setzen, dem Heimpublikum, das nach Jahrzehnten der De-Facto-Verweigerung nun doch den Skisport für sich entdeckt und sich diesen dank erstmaliger landesweiter Live-Übertragung sogar daheim vorm Fernseher ansieht, die ersehnte Goldmedaille zu bescheren - und ihrem Sport damit weitere Impulse. Zwar hat die Rekord-Weltcupsiegerin schon alles abgeräumt, was es zu gewinnen gibt, aber eben noch nicht in der Heimat. Die Abfahrt bietet der 30-Jährigen die zweite und wohl letzte Chance. Dass sie nach Platz drei im Super G enttäuscht war, müsse man laut ihrem Betreuer Robert Trenkwalder verstehen, "sie war auf Gold programmiert", sagt der in Vonns Red-Bull-Projekt engagierte Ex-ÖSV-Trainer. Sorgen brauche man sich aber keine zu machen, "trotzdem gut drauf" sei sie, erzählt Trenkwalder und spricht von der Bedeutung, die ein Heimsieg für die erfolgsverwöhnte Amerikanerin hätte: "Zu Hause, mit all den Umständen und Erwartungen, das sind außergewöhnliche Siege. Solche wie die von Franz Klammer in Innsbruck und Marcel Hirscher in Schladming."

Komplimente für Hütter

Und nicht alle meistern diese Herausforderung, siehe Fenninger 2013. Diesmal könne sie "sehr locker in alles hineingehen, was noch kommt", erklärt die Super-G-Weltmeisterin. Dass die Abfahrt mit einem langen, welligen Gleitstück beginnt, das ihr nicht so liegt wie etwa Vonn, ehe erst der technisch schwierige, steile und kurvige Teil kommt, bereitet ihr keine größeren Kopfzerbrechen. Gegenüber der Generalprobe, bei der sie Ende 2013 Fünfte wurde, habe sie sich inzwischen auch im Flachen gesteigert, meint sie, dazu kommt die inzwischen erlangte mentale Stärke. "Wenn es eine Abfahrt gibt, die sie gewinnen kann, dann diese", sagt daher ihr Vertrauenstrainer Meinhard Tatschl.

Vom Gewinnen spricht Super-G-Überraschungsfrau Hütter indessen nicht, bei einem ähnlichen Lauf trauen ihr einige aber einen Stockerlplatz zu, den sie im Weltcup noch nie erreicht hat. Sie selbst versichert, nicht an die Medaillen zu denken, sie werde aber wieder "voll riskieren und attackieren". Und bei Hütter ist das keine Phrase, ist sie doch für ihre kompromisslose Fahrweise bekannt. Österreichs ehemals beste Abfahrerin Renate Götschl meinte schon vor der WM über ihre steirische Landsfrau: "Eine coole Frau. Endlich wieder eine, die Gas gibt und nicht zurücksteckt, egal was kommt. Das taugt mir, das sieht man nicht oft" - ein bisschen halt wie sie selbst früher. Und wenngleich die Erfolge noch nicht ganz vergleichbar sind, sollten Hütter derlei Komplimente Auftrieb geben. Götschl war immerhin 1999 bei der bisher letzten WM in Vail/Beaver Creek (auf anderer Strecke und vor drei weiteren Österreicherinnen) Weltmeisterin.