Beaver Creek. Gian-Franco Kasper, Chef des Ski-Weltverbandes FIS, hat dieser Tage bei den alpinen Titelkämpfen in Vail/Beaver Creek viel zu tun. Medaillen wollen umgehängt, Sieger beglückwünscht und Funktionärs-Hände geschüttelt werden. Den ultimativen Saisonhöhepunkt seines Verbandes nutzte der 71-jährige Schweizer nun auch, andere Sport-Institutionen - insbesondere den Weltfußballverband Fifa - zu kritisieren. Besonders ärgert sich Kasper über die Alleingänge von Sepp Blatter und seiner Fifa-Mitstreiter, für die "der Wintersport nicht existent" sei, argwöhnte Kasper in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Damit spielte er vor allem auf die Überlegungen der Fifa an, die nach Katar vergebene WM 2022 in den Winter zu verlegen.

Einwände gegen diese Idee blieben vom Fußball bisher ungehört. "Die Fifa hat noch nie auf jemanden gehört. Der Fußball ist nun einmal so stark", sagte Kasper am Rande der Ski-WM in Beaver Creek. Verlegt die Fifa ihre Weltmeisterschaft in sieben Jahren tatsächlich in den Februar, droht eine zeitliche Kollision mit den dann angesetzten Olympischen Winterspielen (entweder in Almaty oder Peking). Doch das sei der Fifa letztlich egal. "Als die Sache mit Katar das erste Mal aufkam, habe ich sofort im Namen aller Wintersportverbände an Herrn Blatter geschrieben. Ziemlich scharf auch, um ehrlich zu sein. Die Reaktion? Gleich null", berichtete Kasper.

WM im November akzeptabel

"Die Fifa denkt, dass sie Götter sind, und handelt auch dementsprechend. Die kümmern sich um gar nichts", meinte der Engadinger Sportfunktionär, der seit 1998 an der Spitze der FIS steht. "Wenn es jetzt November oder Dezember wird, dann können wir - nicht gern, aber doch - damit leben." Eine Entscheidung ist bekanntlich noch nicht gefallen.

Kaspers Landsmann Blatter ist trotz anhaltender Kritik wegen der umstrittenen WM-Vergaben an Russland (2018) und Katar (2022) weiterhin unangefochtener Favorit für eine Wiederwahl. Er muss sich am 29. Mai in Zürich allerdings drei Gegenkandidaten stellen - darunter Ex-Weltstar Luís Figo. Ein neuer Fifa-Präsident würde allerdings nicht viel an der Ausgangslage ändern, prophezeite Kasper: Nicht Blatter als Person sei das Problem, sondern die Macht des Fußballs im Allgemeinen. "Ich weiß nicht, ob er es ist", sagte Kasper und machte in erster Linie Blatters "Gruppe, seinen Vorstand" verantwortlich. Einziger Ausweg wäre, "die Landsleute von Herrn Blatter daran zu erinnern, dass er den Wintersport kaputtmacht", kommentierte der Ski-Präsident. Doch auch punkto Olympia äußerte Kasper Kritik: Die von IOC-Präsident Thomas Bach angekündigten Reformen bei der Vergabe künftiger Spiele reichen ihm nicht aus. "Ob das den Gigantismus zurückholt, bezweifle ich. Es wird eher noch größer, weil man zusätzliche Städte mit einbaut", sagte Kasper, selbst seit 15 Jahren IOC-Mitglied.

Olympia als Gratwanderung

Bach, der seit 2013 das Internationale Olympische Komitee anführt, hat insgesamt 40 Vorschläge zur Neuausrichtung erarbeitet. Unter anderem sollen das Programm bei Olympischen Spielen modernisiert und die Kosten deutlich gesenkt werden. Kasper zeigte sich aber skeptisch, ob das alles umsetzbar sei. "Das wird eine gefährliche Gratwanderung, das durchzusetzen", befand er. Generell sei bei Olympia "viel einzusparen", urteilte der Schweizer und forderte: "Alles, was ,nice to have‘ ist, muss man vergessen."