Falun. (art) Sie haben mit die schönsten Langlaufloipen der Welt, die größte Tradition und etliche Olympiasieger und Weltmeister. Und sie haben ein Problem: Ausgerechnet im Jahr der Heim-WM im nordischen Skisport haben sie den Anschluss an die Erzrivalen aus Norwegen verloren. Die schwedischen Langläufer, die bei Olympia 2014 noch elf Medaillen und damit gleich viele wie die Norweger, wenn auch weniger in Gold, abgeräumt haben, sind derzeit ein bisschen aus der Spur - wenn auch auf hohem Niveau und mit Ausnahmen wie dem Sieg Charlotte Kallas über 10 Kilometer beim jüngsten Weltcup in Östersund. Dennoch: Bei der am Mittwoch eröffneten WM in Falun werden in dieser Sparte zwölf Medaillensätze vergeben - die ersten am Donnerstag bei den Sprint-Bewerben der Damen und Herren im klassischen Stil -, und es wäre eine Überraschung, würden nicht die meisten an die Norweger, sondern die Gastgeber gehen. "Wir haben zwar Medaillenchancen", sagt auch Thomas Wassberg, eine schwedische Langlauf-Ikone, zur SID. "Aber Gold? Das ist doch unsicher. Die Norweger sind die Favoriten." Wassberg ist nicht nur als vierfacher Olympiasieger - unter anderem mit dem Hundertstel-Triumph von Lake Placid 1980 gegen den Finnen Juha Mieto - und Weltmeister ein ausgewiesener Experte, er kennt auch die Strecke in Falun wie wenige andere. Schließlich war er in die Konzipierung der Loipe eingebunden und agiert während der WM als Spurchef. Ein Streckenabschnitt wurde zudem nach ihm benannt, der "Wassbergs Kulle" oder "Wassbergs Hügel".

Die Stimmungslage bei diesen Titelkämpfen wird jedenfalls ganz wesentlich vom Abschneiden der schwedischen Langläufer abhängen. Denn in den anderen Sparten, der Kombination und dem Skispringen, sind schwedische Sportler unterhalb der Wahrnehmungsgrenze angesiedelt, wobei freilich die generelle Sportbegeisterung auch dort keine leeren Stadion erwarten lässt. Am Mittwoch waren wenige Stunden vor der Eröffnungsfeier insgesamt schon 180.000 Karten verkauft gewesen, was Sven von Holst, den Chef des Organisationskomitees, zu der Aussage inspirierte, für die Fans werde es wohl "etwas eng" werden. "Aber wir werden eine exzellente Atmosphäre haben", sagte er. Am meisten wird dies freilich für den Langlauf gelten, Zehntausende Daumen werden für Kalla, Calle Halfvarsson und Co. gedrückt werden. Denn der Langlauf wird in Schweden - ebenso wie in Norwegen und Finnland - weniger als Sport denn als Kulturgut wahrgenommen: Er ist Fortbewegungs- und Transportmittel gleichermaßen wie Verbindung zur Natur, Erholung, Körperertüchtigung und wichtiger Wirtschaftsfaktor. Waren die Holzlatten von einst noch wichtig, um in den tief verschneiten Wäldern voranzukommen, locken nun Tausende Kilometer lange gespurte Loipen und Schneesicherheit über eine lange Periode Wintersportfans von weither an.

Doch wegen der landschaftlichen und klimatischen Vorzüge ist noch niemand zu einer WM gefahren, das gilt auch für die rekordträchtigen rund 700 Athleten aus 59 Nationen, die in Falun an den Start gehen werden. Für die einen, wie die Österreicher Katerina Smutna, Dominik Baldauf und Markus Bader, die am Donnerstag im Sprint im Einsatz sind, wäre schon ein Semifinaleinzug ein Erfolg, für andere gelten ohnehin nur die Medaillen. Auf die langlaufverrückten Schweden trifft dies ganz besonders zu.