
Lake Louise/Wien. (may) Als sich der Südtiroler Werner Heel voriges Jahr kurz vor Weihnachten auf seiner Heimstrecke in Gröden aus dem Starthaus katapultierte, wurde zweifellos Geschichte geschrieben: Der seit Jahren im Skirennsport diskutierte Airbag wurde erstmals im Rahmen eines Weltcuprennens - konkret im ersten Training auf der Saslong - eingesetzt. Mit den üblichen und erwarteten Kinderkrankheiten, denen solche Innovationen im streng reglementierten Rennsport eben ausgesetzt sind: "Es hat meine Bewegungsfreiheit sehr stark eingeschränkt, weil es extrem auf die Schultern gedrückt hat", berichtete Heel (siehe Bild) im Zielraum über die Erfahrungen mit dem von der Sportartikelfirma Dainise konstruierten "D-air"-System. Deshalb konnte sich Heel damals noch schwer vorstellen, diese Sicherheitsapplikation - seit Jahresbeginn bei allen Weltcup-Rennen zugelassen - künftig umzuschnallen. Wie zum Beweis wurde dann auch die angekündigte Rennpremiere in Wengen Mitte Jänner mangels Zuspruchs der Fahrer ob der limitierten Bewegungsfreiheit verschoben.
Doch aufgeschoben ist bekanntlich nicht aufgehoben. Und so soll es nun beim Speed-Saisonstart der Herren am kommenden Wochenende in Lake Louise zur Airbag-Premiere kommen. Bei der Abfahrt am Samstag (19.30 Uhr) und dem Super G am Sonntag (19Uhr) wollen jedenfalls einige ÖSV-Asse auf den schützenden Luftsack zurückgreifen, der schon etlichen Motorradfahrern das Leben gerettet haben dürfte.
Denn dort wird die Airbag-Weste, die sich bei Stürzen in Millisekundenschnelle aufbläst und Nacken, Rücken, Schulter und Brust des Fahrers schützt, seit Jahren erfolgreich eingesetzt. Im Skirennsport sind die Anforderungen freilich komplexer, weil hier die Protagonisten wesentlich mehr Bewegungen durchführen, die einem beginnenden Sturz sehr nahe kommen. Dennoch soll sich die Schutzvorrichtung nur im Ernstfall aufblasen.
Eine weitere Herausforderung bestand darin, den Airbag so zu modellieren, dass er keine aerodynamischen Nachteile gegenüber dem klassischen Rückenprotektor hat. Beide Probleme scheinen nun aber weitgehend gelöst zu sein, sodass der Feuertaufe just auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke im kanadischen Banff-Nationalpark nichts mehr im Wege steht.
Absorbiert 60% Sturzenergie
Auch Österreichs Abfahrer haben zuletzt intensiv an der Weiterentwicklung beziehungsweise Perfektionierung der etwa 800Gramm schweren und in weniger als 100 Millisekunden auslösenden Airbag-Weste, die mehr als 60 Prozent der Sturzenergie absorbieren soll, mitgearbeitet. "Es ist eine sehr gute Sache", meint auch Österreichs Abfahrtschef Florian Winkler, der sich deshalb vorstellen kann, dass nicht nur Hannes Reichelt und Matthias Mayer, sondern ein Großteil seiner Mannschaft die Schutzweste bereits diese Woche unter dem Rennanzug tragen wird. "Es ist immer die persönliche Entscheidung. Aber wir haben die Airbags den ganzen Sommer und zuletzt auch in Copper Mountain getestet, es hat alles funktioniert", berichtet Winkler.