Wien. Für die Alten und Älteren war ein geeintes Europa eine Vision, ein Traum, der nach und nach Wirklichkeit wurde. Für mehr als 350.000 Jugendliche zwischen 16 und 19, die am kommenden Sonntag erstmals bei der Europawahl ihre Stimme abgeben dürfen, ist die EU seit jeher Realität. Sie haben keine eigene Erinnerung daran, dass es in Europa einmal anders ausgesehen hat. Sie kennen Kalten Krieg und Weltkriege nur noch aus den Geschichtsbüchern.

Diese Selbstverständlichkeit, so erfreulich sie ist, birgt die Gefahr der Gleichgültigkeit. Die Begeisterung vieler Alter für ein geeintes Europa löst bei vielen Jungen höchstens ein Achselzucken aus. Wie soll es denn sonst sein? Darum - und weil es doch auch um einige hunderttausend Wählerstimmen geht - bemühen sich die Alten immer mehr um die Jungen. Und die sind durchaus empfänglich für den Europagedanken, wie sich beim Europatag der Jugend am Montag im Haus der Wirtschaft in Wien zeigte.

Dort tauchten mehr als 1000 Schüler in die Welt von Europaparlament, EU-Kommission und Gemeinschaftswährung ein. Die EU-Stabsabteilung der Wirtschaftskammer hat dabei keinen Aufwand gescheut: Mehr als 40 Podiumsdiskussionen, Workshops und Infostände aller 27 EU-Länder sollten den Jung- und Erstwählern "Europa näherbringen" und sie motivieren, zu den Wahlen zu gehen. So betonten in einem Panel Persönlichkeiten wie EU-Kommissar Johannes Hahn, Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl, Ex-Nationalbankgouverneur Klaus Liebscher, Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl und EU-Mandatar Heinz Becker die Bedeutung der EU für Frieden und Wohlstand.

Keine Scheu vor
komplexen Themen

In einem anderen Workshop simulierten die Schüler unter Anleitung von Experten des Außenamtes die schwierigen Verhandlungen auf Europäischer Ebene. Dabei ging es um so strittige Themen wie Flüchtlings- oder Energiepolitik.

Die Jugendlichen ließen sich bereitwillig auf die hochkomplexen europäischen Themen ein. So erklärte etwa die zypriotische Botschaft die Herausforderungen für die Insel durch die Bankenkrise, wobei sich einige Schüler ohne jegliche Schüchternheit in die Diskussion einschalteten. Klar, andere spielten derweil eher gelangweilt an ihren Smartphones herum - angesichts der eher trockenen Materie (und leider auch Präsentation) wenig überraschen.