Sie haben vor der Wahl einen Mindestlohn von 1700 Euro netto für Landesbedienstete eingeführt. Die Wirtschaftskammer sieht die burgenländische Wirtschaft im Wanken.
Die Wirtschaft erwartet sich, dass man die Schwarzarbeit nicht forciert und etwa jeder kleine burgenländische Autobesitzer in die Werkstatt fährt. Unter 100 Euro in der Stunde wird es je nach Marke aber heute schwierig. Wie kann sich die Wirtschaft erwarten, dass einer, der 1200, 1300 Euro verdient, in die Werkstatt fährt? Es sind die Menschen, die mit ihrer Arbeit die Gewinne erwirtschaften. Es wird über den Facharbeitermangel lamentiert. Wenn man genug zahlt, wird man genug Arbeitskräfte bekommen. Wir stellen unsere Reinigung mit 1700 Euro Mindestlohn an und das kommt uns sogar billiger. Wir zahlen mit allen Abgaben 3200 Euro. Einer Firma zahlen wir 3600 Euro. Warum? Weil die auch was verdienen will.
Sie haben der Bundes-SPÖ vorgeworfen, dass sie den Mindestlohn, damals 1500 Euro, mit Christian Kern als Kanzler nicht umgesetzt hat. Wie hätte das mit der ÖVP funktionieren sollen?
Der Preis dafür wäre die Arbeitszeitflexibilisierung gewesen. Es ist aber auch an der Gewerkschaft gescheitert, weil die sich die Kollektivvertragsverhandlungen nicht aus der Hand nehmen lassen wollten. Die gesetzliche Regelung haben wir nicht durchbekommen. Dann sind auch noch die Neuwahlen gekommen.
Ist ein gesetzlicher Mindestlohn besser als die Kollektivvertragsvariante? Ein Gesetz kann jederzeit geändert werden.
Der Streitpunkt interessiert mich nicht. Der Mindestlohn muss endlich kommen. Soll doch eine andere Regierung den Mindestlohn zurücknehmen. Das ist das Spiel der Demokratie. Dann wird sie eh nicht mehr gewählt, wenn sie es ändern.
Ihnen wird auch "Verstaatlichung" des Pflegesystems vorgeworfen, weil Sie seit kurzem pflegende Angehörige zum Mindestlohn beim Land anstellen.
Das ist ein Blödsinn. In der Verfassung ist definiert, welche Aufgaben der Staat erledigen muss. Nicht mehr und nicht weniger. Das Pflegeheim ist das beste Beispiel. Wenn dieses vollkommen am freien Markt betrieben wird - das haben wir gesetzlich für vier Jahre ausgeschlossen -, dann heißt das: Druck aufs Personal, weil die Personalkosten runter müssen, die Qualität sinkt, oder der Steuerzahler muss mehr zahlen. Es kann nicht sein, dass diese staatlichen Aufgaben zur Gewinnoptimierung von der Wirtschaft angeknabbert werden.
Das Argument dagegen ist, dass der Staat nicht effizient genug arbeitet.
Das ist richtig. Das war auch ein sozialdemokratisches Problem. Weil man glaubte, man muss mit diesen Positionen Parteipolitik machen. Man schaute nicht auf die Qualität und setzte auf alle führenden Positionen Parteibegünstigte hin und hat sehr oft die falsche Wahl getroffen. Damit hat man den scheinbaren Beweis erbracht, dass der Staat nicht wirtschaften kann. Die Antwort darauf darf aber kein Rückzug sein und alles dem freien Markt zu überlassen. Wir werden das im Burgenland beweisen.