Bei den ersten Hochrechnungen aus dem Burgenland waren die Gesichter in der FPÖ-Zentrale deutlich länger als der blaue Balken. Er blieb vor der Zehn-Prozent-Marke stehen, ein Minus von mehr als fünf Punkten, und die Regierungsbeteiligung: auch futsch. Eine Stunde später trat Landesparteiobmann Johann Tschürtz vor die TV-Kamera: "Ich bin zufrieden", sagte er, und: "Wir haben uns stabilisiert."

Der Euphemismus gehört zur wahlabendlichen Folklore. Politiker verhalten sich da nicht anders als Fußballer, die nach einer bitteren Niederlage beim Interview auch eher nicht zur sachlichen Selbstreflexion neigen. "Wir haben österreichweit überall ein Drittel verloren, so einen Bundestrend kann man nicht aufhalten", sagte Tschürtz im ORF-Studio. Gleich neben dem FPÖ-Chef stand die empirische Gegenthese in Person von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Bundestrend? Egal. Plus 8 Prozentpunkte und die Absolute.

Selbstverständlich, so Tschürtz, habe Ibiza eine Rolle gespielt. "Keine Frage!" Hier ist dem FPÖ-Chef nicht zu widersprechen. Und doch gibt es einen bemerkenswerten Unterschied zu den bisherigen Wahlergebnissen in der postbalearischen Ära der Freiheitlichen Partei. Laut Wählerstromanalyse von Sora sind nur ganz wenige FPÖ-Wähler daheim geblieben. Das war in Vorarlberg, der Steiermark und bei den Nationalratswahlen noch ganz anders, als ein Fünftel bis sogar ein Viertel der blauen Wähler zu Nichtwählern wurden.

Die FPÖ gerät in die Doppelmühle

Ein Gutteil war bei diesen Wahlen auch zur ÖVP gewechselt, auch das war im Burgenland anders. Wobei dieses Faktum weit weniger überraschend war, da Rot und Blau friktionsfrei gemeinsam regierten und die Burgenländer mit der Arbeit der Landesregierung grundsätzlich zufrieden waren.

Doskozil nutzte Ibiza auch für ein Manöver, das sich, wie man nun weiß, bezahlt machte. Er verlegte die Wahl um ein paar Monate nach vorne, und er schlug der gebeutelten FPÖ ein explizites Sozialprogramm vor, das diese nicht ablehnen konnte (Mindestlohn, Pflegekonzept, Gratis-Kindergarten). Der SPÖ-Chef lobte den Koalitionspartner zwar für diese Bereitschaft. "Welche Partei macht so etwas?", fragte er etwa im Interview mit der "Wiener Zeitung". Es war aber eine Doppelmühle für die FPÖ. Den Koalitionsdeal abzulehnen, hätte ihnen auch geschadet. Sie stimmten also zu - und verloren 37 Prozent ihrer Wähler an die SPÖ.

"Es war der erste Wahlkampf der FPÖ, den sie nicht gegen die SPÖ geführt hat", sagt Günther Ogris vom Meinungsforschungsinstitut Sora. "Sie wollten weiterregieren." Das wollten übrigens laut Wahltagsbefragung auch viele blaue Wähler, und es wäre wohl auch die erste Wahl Doskozils gewesen, hätte er eine Koalition bilden müssen. Vielleicht also hat die burgenländische Landesgruppe gar nicht so viel falsch gemacht, sondern einfach ein bisschen Pech gehabt. Ein paar rote Stimmen weniger, und die SPÖ hätte einen Partner gebraucht.