Eisenstadt. Es hagelte zuletzt Proteste aus den eigenen Reihen, doch der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl bleibt dabei: Die SPÖ Burgenland wird den Freiheitlichen eine Koalition bilden. Das gab Niessl Freitagnachmittag auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz bekannt.

Nach Verhandlungen im Rekordtempo verkündeten er und FPÖ-Landesparteiobmann Johann Tschürtz in Eisenstadt die Einigung auf eine gemeinsame Regierung."Wir haben ein gutes Koalitionsübereinkommen getroffen", wo sich die Sozialdemokratie und die FPÖ wiederfänden, erklärte Niessl. Tschürtz übernimmt das Ressort Sicherheit . das Ressort Wirtschaft und Tourismus geht ans einen Parteikollegen Alexander Petschnig.

Die Vorhaben sind ehrgeizig. Unter anderem will man pro Jahr im Burgenland tausend neue Arbeitsplätze schaffen. In den Ressorts soll es eine "Konzentration der Kompetenzen", sagte Niessl, etwa im Bildungsbereich "vom Kindergarten bis zur Fachhochschule". Im Wirtschaftsbereich wolle man Bürokratie abbauen sowie Lohn-und Sozialdumping verstärkt bekämpfen. Im Rahmen eines "Infrastrukturpakets" sollen bis 2020 im Burgenland 2,8 Milliarden Euro investiert werden. Der Großteil davon, 1,5 Milliarden, werde ins mittlere und südliche Burgenland fließen. Schließlich legte er ein "klares Bekenntnis" zu wohnortnahen Einrichtungen wie Spitälern, Schulen und zur wohnortnahen Verwaltung ab.

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) stellte danach noch einmal klar: "Diese Konstellation kommt für die Bundespartei nicht infrage."

Hajek sieht keine große Gefahr für SPÖ

Der Meinungsforscher Peter Hajek sieht durch eine mögliche Kooperation mit der FPÖ im Burgenland keinen nachhaltigen Schaden auf die SPÖ zukommen. Je schneller der Prozess abgeschlossen ist, desto rascher würden auch die Proteste abflauen, sagte er am Freitag. Bundeskanzler Werner Faymann habe sich sogar "recht klug" verhalten, meint Hajek.

"Niessl und die Sozialdemokraten versuchen natürlich, schnell abzuklären", deutet Hajek das rasche Verhandlungstempo im Burgenland als Strategie, um Aufregung zu vermeiden. Proteste werde es natürlich weiterhin geben, allerdings würden diese auch wieder abflauen. "Die nächsten Wahlen sind weit weg", sieht der Meinungsforscher jedenfalls keine große Gefahr für die SPÖ im Bund. Schwerer hätten es die Sozialdemokraten in Oberösterreich, wo eine Landtagswahl ansteht. "Das erschwert die Kampagnenfähigkeit", glaubt Hajek.

Anders sieht die Situation für den Meinungsforscher in Wien aus, wo ebenfalls noch in diesem Jahr gewählt wird. Er kann sich sogar vorstellen, dass die Diskussion um Koalitionen mit den Freiheitlichen der dortigen Landesgruppe nützen könnte. Da deren ablehnende Haltung gegenüber der FPÖ weiterhin glaubwürdig sei, könnte eine rot-schwarze Koalition im Burgenland die Wiener SPÖ sogar intern mobilisieren, denn: "Jetzt kommt Pfeffer ins Spiel." Dass eine Koalition von SPÖ und FPÖ ein Nachteil ist, sei jedenfalls "nicht ausgemacht", glaubt Hajek.

Voraussetzung für Hajek, dass die SPÖ die derzeitige Empörung gut überlebt, ist allerdings, dass die sich anbahnende Koalition im Burgenland sachlich gut funktioniert. Und selbst bei einem Scheitern gebe es die Möglichkeit, dass ein Partner davon profitiert, wie seinerseits bei Schwarz-Blau im Bund. Hajek: "Schlag nach bei Schüssel!"

Androsch gegen Faymann, Darabos gegen Androsch

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos hat am Freitag "Unverständnis" geäußert - gerichtet war dies indes in einer Aussendung nicht an die Parteijugend, die gegen den Pakt der burgenländischen FPÖ in und vor der Parteizentrale in Wien protestierte, sondern an den früheren SPÖ-Finanzminister Hannes Androsch, der zuvor SP-Parteichef Werner Faymann kritisiert hatte. Androschs Zurufe seien "mehr als entbehrlich", so Darabos.

Androsch hatte Faymann vorgeworfen, seine Partei nicht im Griff zu haben. Darabos quittierte dies mit dem Hinweis auf die "neun Landesorganisationen, die ihre eigenen Entscheidungen treffen. Wir sind eine demokratische Partei." Auf Bundesebene habe Faymann "die SPÖ-Linie bekräftigt und unmissverständlich klargemacht, dass eine Koalition mit der FPÖ nicht in Frage kommt".

Im Übrigen sei Androsch in der Vergangenheit auch nicht immer als Verfechter der "Grundsätze und Kernanliegen der Sozialdemokratie" aufgefallen, habe er sich doch etwa für Studiengebühren und Uni-Zugangsbeschränkungen ebenso ausgesprochen wie für die Anhebung von Massensteuern, merkte Darabos noch an.

Voves distanziert sich von "Strache-FPÖ"

Der steirische LH Franz Voves (SPÖ) hat sich Freitagnachmittag - entgegen ersten Meldungen seines Büros - doch entschieden, eine Stellungnahme zu Verhandlungen mit der FPÖ abzugeben: Er schloss für sich persönlich "eine Koalition mit der 'Strache-FPÖ'" aus. Diese beheimate "gerichtlich verurteilte 'Wiederbetätiger und Hetzer'", hieß es in einer Aussendung.

"Auch die christlich-soziale ÖVP sollte endgültig aus der Geschichte gelernt haben und nicht nochmals diese rechts-rechte FPÖ salonfähig machen", appellierte der Landeshauptmann an die ÖVP. Er meinte aber, dass die Ursachen für das starke Abschneiden der FPÖ sowie der hohe Anteil an Nichtwählern ergründet werden müssen. "Die Unsicherheiten in Europa und im Umfeld Europas verlangen ein Zusammenstehen der 'Nichtpopulisten'. Der andere Weg würde über kurz oder lang zu einer vorhersehbaren Katastrophe führen", erklärte Voves.