"Darling, darling - stand by me": Der ehemalige Songcontest-Teilnehmer Manuel Ortega gibt sich schon früh am Vormittag alle Mühe. Der Sparkassenplatz in der niederösterreichischen Bezirksstadt Stockerau erwacht erst langsam am Ende der Weihnachtsferien. SPÖ-Funktionäre und Wahlhelfer sind hingegen schon geschäftig und munter, bevor Spitzenkandidat Franz Schnabl in einer knallroten Jacke am Samstag bei angenehmen Jännertemperaturen eintrifft.

Das Drumherum in Stockerau erinnert ein bisschen an die Situation der SPÖ in Niederösterreich vor der Landtagswahl am 29. Jänner. Von allein geht nichts, die mit 24 Prozent gerade einmal halb so starke zweitstärkste Partei im Landtag hinter der machtvollen ÖVP muss sich abstrampeln. "Es muss sich was verändern", lautet nicht nur hier die Parole für den SPÖ-Landtagswahlkampf. Die Kunst werde sein, "dass wir den einen oder anderen holen", um zuzulegen, heißt es.

Indirekte Kritik an Mikl-Leitner

Für Schnabl heißt das auch, die Bundespolitik vor allem der ÖVP und Ex-Innenministerin Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wegen der Versäumnisse in der Flüchtlingspolitik ins Visier zu nehmen. "2015 darf sich nicht wiederholen", habe es  geheißen, erinnert er im Gespräch mit einem Passanten. "Der Kickl (Ex-Innenminister, Herbert, Anm.) hat nichts gemacht, und die schwarzen Minister haben auch nichts gemacht", lautet der Befund des früheren hochrangigen Polizisten Schnabl zu Asylproblematik.

Bezeichnend für den "Soft-Start" (Schnabl) in den Wahlkampf, weil der offizielle Auftakt erst am Sonntag im Mostviertel folgt, ist, dass die SPÖ Stimmen holen will, aber vor allem viele treue rote Wähler in Stockerau vorbeischauen. "Die letzte Zeit ist sehr traurig, weil keiner Rot wählt", bedauern zwei Pensionistinnen und bekennende SPÖ-Wählerinnen. Die Jugend wähle Blau, meinen sie. Ein freundlicher, älterer Mann ist laut eigener Aussage schon "fast 70 Jahre bei der Partei".

Ein Kreisky-Fan hat sich abgewandt

Rühreier und der Kaffee munden. Entertainer Ortega macht dazwischen Stimmung für die SPÖ und eine "Politik, die nicht die Eliten begünstigt". Die Sozialdemokraten seien keine "slim-fitten, gelackten Karrieristen", ätzt er über Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz. Ein früherer "Kreisky-Fan", der zum Sparkassenplatz gekommen ist, hat allerdings in der Zwischenzeit der SPÖ den Rücken gekehrt: "Mit der Rendi-Wagner, da hat's mir gereicht", erzählt er. Wobei er nichts gegen die SPÖ-Bundesparteichefin als Person habe, aber sie sei nicht die Richtige in der Position.

Dafür redet sich der oberste rote Bauernvertreter in Niederösterreich, Ernst Wagendristel, der aus der Region kommt, für den SPÖ-Spitzenkandidaten dann auch beim kurzen Rundgang zum Rathausplatz in Stockerau geradezu den Mund fusselig. Immer wieder lobt er den "ehrlichen Franz", dem man für eine Veränderung am 29. Jänner aber auch die Stimme geben müsse.