Das historisch schlechteste Wahlergebnis erreichte die niederösterreichische ÖVP laut der ersten SORA-ORF-Hochrechnung bei der Landtagswahl am Sonntag. Nur 39,8 Prozent der Wählerstimmen konnte die Partei von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner erreichen (Schwankungsbreite +/- 0,1 Prozent). Die Wahlbeteiligung stieg gegenüber 2018 (66,56 Prozent) auf 71,6 Prozent.
FPÖ gewinnt deutlich
Mit den Einbußen verliert die ÖVP nicht nur die bisher gehaltene Mandatsmehrheit im Landtag klar, sondern büßt auch die Mehrheit in der Landesregierung ein: Sie kommt nur mehr auf vier der neun Landesregierungssitze. Bisher hielt die ÖVP bei sechs. Die 39,8 Prozent bedeuten auch den historischen Tiefststand, der bisher bei 44,23 Prozent lag (bei der Landtagswahl 1993).
Die FPÖ legt laut der SORA-Hochrechnung (Auszählungsgrad: 99,9 Prozent, Schwankungsbreite 0,1 Prozent) gegenüber 2018 auf 24,2 stark zu (damaliges Ergebnis: 14,76 Prozent). Die SPÖ verliert demnach gegenüber 2018 (23,92 Prozent) und muss mit 20,6 Prozent ebenfalls ihr historisch schlechtestes Wahlergebnis hinnehmen (bisher 21,57 Prozent im Jahr 2013). Die Grünen konnten gegenüber 2018 (6,43) etwas zulegen und kommen auf 7,6 Prozent, ebenso die Neos: Sie holen sich 6,7 Prozent der Stimmen (2018: 5,15).
Die ÖVP büßt laut SORA-ORF-Hochrechnung die bisher - mit 29 der 56 Landtagssitze - gehaltene absolute Mandatsmehrheit klar ein. Sie hält künftig nur mehr 23 Mandate. Die FPÖ kommt mit diesem Ergebnis auf 14 Sitze gegenüber 8 im Jahr 2018, die SPÖ auf nur mehr 12 statt 13. Die Grünen halten künftig bei 4 statt 3 Sitzen und damit Klubstatus, die Neos weiterhin bei 3 Mandaten.
FPÖ: Keine Zusammenarbeit mit Mikl-Leitner
"Wir haben die Themen angesprochen, die die Wähler bewegen, das ist der Schlüssel zum Erfolg gewesen", sagte FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer in einer ersten Stellungnahme nach dem Rekordergebnis der Freiheitlichen bei der niederösterreichischen Landtagswahl. Nun wolle man "das, was wir vor der Wahl versprochen haben, auch zur Umsetzung bringen". Es komme nun darauf an, ob die anderen Parteien etwas aus dem Ergebnis gelernt hätten.
Höchst zufrieden hat sich FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz am Sonntag über das Abschneiden seiner Partei bei der niederösterreichischen Landtagswahl gezeigt. Eine Zusammenarbeit mit ÖVP-Landeschefin Johanna Mikl-Leitner schloss er gegenüber dem ORF aus, auch zur Landeshauptfrau werde man sie nicht wählen, kündigte er an.
Mikl-Leitner will Vertrauen zurückholen
Niederösterreichs Landeshauptfrau und ÖVP-Spitzenkandidatin Johanna Mikl-Leitner hat am Sonntag nach der Wahl angesichts des schlechtesten Resultats seit 1945 von einem "schmerzlichen Ergebnis für die Volkspartei Niederösterreich" gesprochen. Gleichzeitig betonte sie: "Wir wollen auch nach dem Wahltag beim Modell der Zusammenarbeit zu bleiben." Die Aufgabe sei, "das Vertrauen zurückzuholen, das viele Menschen derzeit nicht haben", teilte die Landeschefin mit.
Das Ergebnis sei aber "auch nicht unerwartet", weil es seit Wochen in Umfragen vorausgesagt worden sei, so Mikl-Leitner. "Zumindest konnten wir knapp verhindern, dass es eine blau-rote Mehrheit gibt", hielt die Landeshauptfrau fest. Das sei vor einigen Wochen noch alles "andere als sicher", vor Tagen "noch möglich" gewesen. "Eines muss man ganz unverblümt zugeben: FPÖ-Chef (Herbert, Anm.) Kickl ist es gelungen, unsere Landtagswahl zu einer Bundeswahl zu machen - ist auch überall sichtbar mit einer eigenen Plakatkampagne Kickls in Niederösterreich", so Mikl-Leitner.
ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner sprach in einer ersten Reaktion von einem "schmerzlichen Ergebnis". Personelle Konsequenzen soll es nicht geben. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner habe "gekämpft wie eine Löwin", so Ebner im ÖVP-Klub.
"Miteinander in den Mittelpunkt stellen"
Eine Protestbewegung habe zu einer aufgeheizten Stimmung geführt, sagte der Parteimanager. Die Welle sei ausgelöst worden durch weltweite Krisen und Unzufriedenheiten sowie "Bundesthemen, die die Diskussion auch im Land bestimmt haben". Gleichzeitig betonte er in einer ersten Reaktion: "Gut ist, dass wir laut der ersten Hochrechnung Blau-Rot verhindern konnten." Ab morgen gehe es darum, das "Miteinander in den Mittelpunkt zu stellen", betonte Ebner vor zahlreichen Medienvertretern in den ÖVP-Klubräumlichkeiten.
Hikmet Arslan, Landesgeschäftsführer der Grünen, hat sich mit dem Abschneiden seiner Partei bei der niederösterreichischen Landtagswahl überaus zufrieden gezeigt. Erste Hochrechnungen zeichnen ein Plus und den Zugewinn eines vierten Abgeordnetensitzes. "Wir haben ein Mandat für den Umweltschutz dazugewonnen", sagte der Parteimanager zur APA. Generell sah Arslan ein "super Ergebnis".
SPÖ: Ergebnis abwarten und analysieren
Landesgeschäftsführer Wolfgang Kocevar bezeichnete den Ausgang der Landtagswahl in Niederösterreich als "nicht ganz einfachen Tag" für die SPÖ. Das Ziel, die Absolute der ÖVP zu brechen, habe man "erreicht", so Kocevar. Über Personelles will er vorerst nicht sprechen. Zunächst müsse das Endergebnis abgewartet und dann analysiert werden, so Kocevar im SPÖ-Klub im Landhaus vor Journalisten.
Nach der ersten Hochrechnung sieht es so aus, als könnte die SPÖ in Niederösterreich eines der derzeit 13 Mandate verlieren. Diesbezüglich hofft Kocevar, dass größere Gemeinden und urbane Wahlkreise das Blatt noch wenden könnten. Der SP-Landesgeschäftsführer will nun mit allen Parteien Gespräche führen.
Neos-Spitzenkandidatin Indra Collini hat nach der Landtagswahl in Niederösterreich ein "schönes Ergebnis" sowie ein "solides Wachstum" ihrer Partei geortet. Generell habe es eine "Absage an die Machtpolitik der ÖVP" gegeben. Sie habe nun eine Ibiza-Koalition, also Schwarz-Blau, als "Sorge". Die anstehende Wahlparty habe man sich nun jedenfalls verdient, konstatierte Collini.
Keine Chance hatte die impfkritische Liste MFG (0,4 Prozent), die nur in fünf Wahlkreisen angetreten war. Selbiges galt für "KPÖ plus - offene Liste" (0,3 Prozent) mit Kandidaturen in vier Wahlkreisen und "Dein Ziel" (ZIEL mit 0,1 Prozent). Die von Ex-MFG-Politikern gegründete Liste schaffte es nur einem Wahlkreis auf den Stimmzettel. (apa)