Nach etwas mehr als einwöchigen Verhandlungen steht in Niederösterreich das schwarz-blaue Arbeitsübereinkommen. Landeshauptfrau und ÖVP-Chefin Johanna Mikl-Leitner stellte am Freitag mit FPÖ-Landesparteichef Udo Landbauer Schritte im Bereich Pflege und gegen die Teuerung vor, eingerichtet wird weiters ein 30 Millionen Euro schwerer Corona-Fonds. Für Mikl-Leitner ist das umstrittene Bündnis "eine tragfähige Brücke", Landbauer sieht eine "starke freiheitliche Handschrift".
Als eine von drei konkreten Maßnahmen, die präsentiert wurden, ist der Corona-Fonds dafür vorgesehen, dass verfassungswidrige Covid-Strafen amtswegig und unbürokratisch zurückgezahlt werden. Es handle sich um eine "umfassende Entschädigung und Rückzahlung", betonte Landbauer. Mikl-Leitner sieht in dem Fonds ein Instrument dafür, die Covid-Gräben zu schließen. Für den FPÖ-Chef werden hier im übertragenen Sinne gar "das große Werkzeug und ordentliche Maschinen" herausgeholt.
Für die "Pflege zuhause" wurde ein eigener Pflegescheck angekündigt. In Kürze vorgestellt werden soll auch ein neues Modell für den Heizkostenzuschuss.
Trotz durchaus konfliktreicher Vorgeschichte seien Landbauer und Mikl-Leitner einen Schritt aufeinander zugegangen, betonte die Landeshauptfrau. "Das ist für uns beide ein schwerer Weg", es sei zuvor gar undenkbar gewesen. Das Motto und Ziel laute nun: "Ernsthaft arbeiten, ehrlich handeln und Niederösterreich weiterbringen auf seinem Erfolgsweg". Es sei eine "tragfähige Arbeitsbeziehung im Sinne des Landes und der niederösterreichischen Landsleute" und "keine Liebesbeziehung".
Landbauer will "den anständigen, den fleißigen Weg"
Landbauer sah dies ähnlich, betonte, dass "keine Liebesheirat" vorliege. Seine Partei habe "hart und intensiv, aber auch sehr erfolgreich verhandelt". "Es gibt vieles, das uns trennt", hob der angehende Landesvize hervor. Die FPÖ hätte es sich laut ihm einfach machen und - mit drei Regierungsmitgliedern ohne großartige Kompetenzen - den Weg des geringsten Widerstands gehen können. Dafür stehe man aber nicht: "Ich will den anständigen, den fleißigen Weg."

Die ÖVP-FPÖ-Koalition in Niederösterreich steht.
- © apa / Helmut FohringerIn Bezug auf die ÖVP bleibe er weiterhin bei jedem der Kritikpunkte. Es gebe aber einen klaren Wählerauftrag, "das abzuarbeiten und selbst anzupacken". Man maße sich nicht an, in andere Parteien "reinzuregieren" und erwarte das auch von anderen Fraktionen.
Gemeinsam wolle man Politik für Leistungsträgerinnen und Leistungsträger machen, kündigte Mikl-Leitner an. Für sie sind das u.a. Eltern, Unternehmer und Landwirte. Gleichzeitig müsse aber auch jenen geholfen werden, die "für sich nicht selbst sorgen können" und "von Krisen stark betroffen sind".
Bekenntnis zum Verbrennungsmotor
Die angepeilte Kinderbetreuungsoffensive werde umgesetzt, das Tageseltern-Angebot attraktiver gestaltet. Kommen soll aber auch eine finanzielle Aufwertung für die Kinderbetreuung im Familienverband. Für neue Abgaben auf Eigentum und eine flächendeckende Lkw-Maut sei im Arbeitsübereinkommen kein Platz, so Mikl-Leitner. Abgegeben wurden von der Landeshauptfrau Bekenntnisse zu Europa und zum Individualverkehr, Landbauer fügte jenes zum Verbrennungsmotor hinzu.
Ein weiterer Fokus gelte der Integration. Es sei wichtig, "dass sich jeder und jede" an "unsere Gesetze hält, unsere Sprache spricht und unsere Werte und unsere Kultur akzeptiert sowie respektiert". Zudem brauche es einen effektiven Schutz der Außengrenzen auf europäischer Ebene. Landbauer möchte in der Grundversorgung - soweit möglich - Geld- durch Sachleistungen ersetzt wissen. Hier wolle man alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen. Darüber hinaus sollen Staatsbürgerschaften nur mehr "restriktiv vergeben werden". Auf eine Fortführung des bisherigen Weges könnten sich indes die Kulturschaffenden verlassen, betonte Mikl-Leitner.

Landbauers FPÖ gab leere Stimmzettel ab, um Johanna Mikl-Leitner nicht zur Landeshauptfrau zu wählen.
- © apa / Georg HochmuthRessorts Verkehr, Arbeit und Sport zur FPÖ
Die ÖVP muss Ressorts in der Landesregierung abgeben. Bereiche wie Finanzen, Bildung, Personal und Wirtschaft bleiben bei der Volkspartei. Mobilität, Arbeitsmarkt und Sport wandern von der ÖVP zur FPÖ, die unter anderem weiterhin für Asyl verantwortlich ist. Über die Zuständigkeiten der ebenfalls in der Proporzregierung vertretenen SPÖ sollen am Montag Gespräche geführt werden, hieß es von der ÖVP auf Anfrage.
Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner war bisher für Personalangelegenheiten und Kultur zuständig. Sie wird mit dem Wechsel von Landesrat Jochen Danninger an die Klubspitze zusätzlich die Bereiche Wirtschaft und Tourismus übernehmen.
Im ÖVP-Team bleiben weiters Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf, zuständig für Energie, Landwirtschaft, Umwelt, Landwirtschaft und nun auch für Wissenschaft und Forschung. Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister ist künftig neben Bildung und Soziales auch für Wohnbau verantwortlich. Finanzlandesrat Ludwig Schleritzko übernimmt von Pernkopf die Agenden der Landeskliniken. Die ÖVP-Mannschaft wurde bereits vier Tage nach der Landtagswahl präsentiert.
Rosenkranz und Luisser neue FPÖ-Landesräte
Die Regierungsmannschaft der Freiheitlichen wurde bei der Präsentation des Arbeitsübereinkommens am Freitag vorgestellt. Udo Landbauer wird als LH-Stellvertreter für Mobilität (Straße und öffentlichen Verkehr) sowie Sport zuständig sein. Susanne Rosenkranz, Juristin und Stadträtin in Krems, übernimmt die Agenden für Arbeitsmarkt, Behindertenhilfe, Konsumenten- und Naturschutz. Die Frau von Volksanwalt Walter Rosenkranz ist künftig auch für den NÖ Gesundheits- und Sozialfonds (NÖGUS) zuständig, der zuletzt in die Verantwortung der ÖVP fiel. Konsumentenschutz wandert von der SPÖ zu den Blauen.
Christoph Luisser, Mödlinger Bezirksparteiobmann und geschäftsführender Gemeinderat in Biedermannsdorf, wird als Landesrat für Sicherheit, Zivilschutz und Asyl zuständig sein. Letzteren Bereich übernimmt er von Gottfried Waldhäusl, der der nächsten Landesregierung nicht mehr angehört und Zweiter Landtagspräsident wird. Als Klubobmann der FPÖ folgt Reinhard Teufel auf Landbauer.
Das SPÖ-Team bilden der designierte Landesparteichef Sven Hergovich und Ulrike Königsberger-Ludwig. Letztere könnte Gesundheitslandesrätin bleiben. Da Arbeitsmarkt künftig in Händen der Freiheitlichen ist, bekommt der frühere AMS-NÖ-Geschäftsführer Hergovich nicht sein Wunschressort. (apa)