Die oberösterreichische Landtagswahl wird auch aus Bundessicht spannend: Denn mit den erwarteten Verlusten der FPÖ könnte die Oppositionsmehrheit im Bundesrat kippen. Die türkis-grüne Bundesregierung müsste dann nicht mehr befürchten, dass im Nationalrat mit ihrer Mehrheit beschlossene Gesetze von SPÖ, FPÖ und Neos in der Länderkammer auf die Wartebank gesetzt werden. Ausschlaggebend dafür ist eigentlich nur ein Mandat, nämlich das 14. der FPÖ.
FPÖ könnte mit 14 Landtagsmandaten drei Bundesräte entsenden
Aktuell hält die ÖVP in der Länderkammer 25 Mandate, die Grünen 5, und auf Oppositionsseite die SPÖ 19, die FPÖ 11 und Neos eines - es steht also 30:31. Für SPÖ, Grüne und Neos wird sich mit der Oberösterreich-Wahl aller Voraussicht nach hier nichts ändern. Die Frage ist nur, ob die oberösterreichische ÖVP künftig um einen Bundesrat mehr (das wären fünf) entsendet oder die dortige FPÖ es schafft, ihre drei Mandate zu halten.
Abhängig ist dies von den Landtagsmandaten, die mit der Wahl am 26. September neu verteilt werden. Erreicht die FPÖ mindestens 14 und die ÖVP höchstens 23 Landtagsmandate, ändert sich die Verteilung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht, ergeben Mandatssimulationen der ARGE Wahlen.
Denn die zehn oberösterreichischen Bundesratssitze werden auf Basis der Landtagsmandate nach dem d'Hondtschen System verteilt. 2015 bekam die ÖVP mit 21 Landtagsmandaten vier Bundesratssitze, die FPÖ mit 18 im Landtag drei im Bundesrat, die SPÖ mit elf im Landtag zwei im Bundesrat und die Grünen mit sechs Landtagssitzen einen Bundesrat.
Verliert heuer die FPÖ im von den Meinungsforschern erwarteten Ausmaß (von 30,4 auf rund 22 bis 24 Prozent), wird sie künftig 13 oder 14 Landtagssitze haben. Die ÖVP kann auf bis zu 23 Mandate hoffen, die SPÖ dürfte 10 oder 11 bekommen, die Grünen 7, Neos (wenn sie die Vier-Prozent-Hürde nehmen) 2.
Behält die FPÖ mindestens 14 Landtagssitze, bleiben ihr ihre drei Bundesratsmandate - und im Bundesrat gibt es weiterhin die SPÖ-FPÖ-Neos-Mehrheit. Verliert sie ein Mandat, wandert ein Bundesratssitz zur ÖVP, ergaben Berechnungen der APA-Hochrechner von der ARGE Wahlen, deren Annahmen sich im Wesentlichen auf veröffentlichte Umfragen stützen.
Erreichen Impfskeptiker und Neos vier Prozent, reichen 13 Mandate der FPÖ
Nur eine (von den Meinungsforschern mittlerweile nicht mehr ganz ausgeschlossene) Überraschung könnte dies ändern: Wenn nicht nur, wie erwartet, die Neos über die Vier-Prozent-Hürde kommen, sondern auch die Impfskeptiker MFG dürften der FPÖ 13 Mandate für den Erhalt ihrer drei Bundesräte reichen.
Damit könnte im Bund die Opposition der türkis-grünen Regierung weiterhin das Leben schwer machen - indem sie Gesetze (wie z.B. so manche Corona-Maßnahme oder zuletzt die Uni-Zugangsbeschränkungen) für acht Wochen blockiert, oder ihr so manches Zugeständnis für den Verzicht darauf abringt. Für Türkis-Grün war dies seit Beginn der Zusammenarbeit nach der Nationalratswahl 2019 der Fall: Damals gab es eine rot-blaue Mehrheit im Bundesrat, seit der Wien-Wahl 2020 ist es eine rot-blau-pinke Mehrheit.
Wie sich die Oberösterreich-Wahl auf den Bundesrat auswirken könnte, hat die ARGE Wahlen anhand fiktiver Szenarien berechnet: Eines mit dem Mittelwert der zuletzt veröffentlichten Umfragen (39,8 Prozent/23 Mandate für die ÖVP, 23,8/14 FPÖ, 17,0/10 SPÖ, 13,0/7 Grüne, 4,3/2 Neos und 2,10 Prozent für "sonstige"), eines mit leichten Abweichungen durch ein stärkeres Abschneiden der MFG (3,5 Prozent MFG, ÖVP 38 Prozent/23 Mandate, FPÖ 21,5/13) und zwei auf Basis einer jüngst von Peter Hajek/Unique Research veröffentlichten Umfrage - leicht modifiziert, einmal mit der Annahme, dass Neos und MFG es in den Landtag schaffen, einmal mit nur einer Kleinpartei über vier Prozent.
Ziehen sowohl Neos als auch MFG in den Landtag ein, würden der FPÖ sogar 21,8 Prozent/13 Mandate reichen, um ihren vierten Bundesratssitz zu erhalten. Für die ÖVP wurden in diesem Szenario 36,1 Prozent/21 Mandate, für die SPÖ 19,8/11, Grünen 12,7/7, NEOS 4,1/2 und MFG 4,5/2 angenommen. Bleibt eine der beiden "Kleinen" - NEOS und MFG - leicht unter der Vier-Prozent-Hürde, bekämen sowohl ÖVP als auch SPÖ ein Mandat zusätzlich. Und damit würde das dritte FPÖ-Bundesratsmandat zur ÖVP kippen - und die Oppositionsmehrheit im Bundesrat wäre weg. (apa)