Eine Parteisitzung jagt am Dienstag in Linz die nächste. ÖVP, FPÖ und Grüne beraten die Ergebnisse der Landtags- und Gemeinderatswahlen vom Sonntag. Bei diesen haben mit den Neos und der Liste MFG, die sich gegen Corona-Maßnahmen stemmt und den Impfungen entgegentritt, zwei neue Listen neben ÖVP, FPÖ, SPÖ und Grünen den Sprung in das Landesparlament geschafft.

Landeshauptmann Thomas Stelzer, dessen ÖVP mit weitem Abstand Nummer eins ist, drückt aufs Tempo und wird noch in dieser Woche mit allen Parteien Sondierungsgespräche führen. Allerdings deutet in Oberösterreich fast alles darauf, dass die einzige schwarz-blaue Koalition auf Länderebene eine Neuauflage erlebt. Was sind die handfesten Fakten und die politischen Gründe dafür?

Die Landeshauptmannpartei ÖVP mit 22 Mandaten hat mit der FPÖ eine kommode Mehrheit - auch wenn die Freiheitlichen nach der Wahl künftig nur mehr elf statt 18 Mandate im insgesamt 56 Sitze zählenden Landtag besetzen. Mit zusammen 33 Mandaten kommt Schwarz-Blau deutlich über die notwendigen 28 Mandate. Mit der SPÖ, die ihre elf Mandate gehalten hat, wären es zwar auch 33. Aber abgesehen von politischen Differenzen zwischen Schwarz und Rot müsste die ÖVP für einen Koalitionseintritt der SPÖ dieser wohl einen Sitz in der Landesregierung überlassen, damit die SPÖ künftig zwei Landesräte stellt. Das gilt als höchst unwahrscheinlich. ÖVP und Grüne - Letztere drängen auf ein Comeback von Schwarz-Grün in Oberösterreich - haben im Landtag mit zusammen 29 Mandaten nur eine knappe Mehrheit.

Für die ÖVP geht es um die Absolute

Teil der Fakten, die gegen eine ÖVP-Koalition mit der SPÖ sprechen, ist die Frage, ob der Landeshauptmann bei der Aufteilung der Regierungssitze eingerechnet wird. Dafür wäre ein Einrechnungsbeschluss notwendig und die ÖVP würde die absolute Mehrheit in der Regierung abgeben.

Der Hintergrund: Es können alle neun Regierungssitze, inklusive Landesshauptmann, nach d’Hondtschem Modell verteilt werden oder nur acht (ohne Einrechnung des Landeshauptmannes). Mit einem Einrechnungsbeschluss käme die ÖVP nur auf vier Sitze und wäre damit gegenüber FPÖ und SPÖ mit jeweils zwei und den Grünen mit einem Landesrat in der Minderheit. Ohne Einrechnungsbeschluss erhält die SPÖ nur einen Landesrat, die ÖVP hätte fünf Vertreter in der Landesregierung.

Dazu kommt eine Reihe von politischen Gründen. Zwar gilt in Oberösterreich wie in Niederösterreich noch das Proporzsystem, das allen Parteien ab rund zehn Prozent der Stimmen einen Sitz in der Regierung sichert. Nach zwölf Jahren Schwarz-Grün im Land gibt es jedoch seit Herbst 2015 eine schwarz-blaue Koalition. Diese basiert auf einem gemeinsamen Arbeitsübereinkommen und hat nach außen hin praktisch ohne Reibereien funktioniert.

Sozialhilfe und Klimapolitik trennen ÖVP und Grüne

Inhaltlich gibt es viele Gemeinsamkeiten zwischen Volkspartei und Freiheitlichen, die im Wahlkampf in den Mittelpunkt gerückt wurden: strengere Migrationsregeln mit einer Deutschpflicht für den Erhalt von Sozialleistungen; Festhalten an der Sozialhilfelösung, mit der Schwarz-Blau in Oberösterreich Vorbild war für die türkis-blaue Bundesregierung; Schwerpunkt auf Sicherheit und "Heimatschutz".

SPÖ und Grüne haben das Sozialhilfemodell, die frühere Mindestsicherung bekämpft. Die Grünen können ohne Entschärfungen kaum mit der ÖVP mit, ebenso auch die SPÖ. Umgekehrt sind für die ÖVP Abstriche weitgehend ausgeschlossen.

Die Freiheitlichen mit Landesobmann Manfred Haimbuchner wollen die schwarz-blaue Koalition unbedingt fortsetzen. Auf den Verlust des dritten Landesratsposten haben sich die Blauen schon vor der Wahl eingestellt. FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl hat bereits klargestellt, er werde sich nicht einmischen. Das ist für die ÖVP, die im Wahlkampf vom Land als "Kickl-freie Zone" gesprochen hat, vorrangig. In Oberösterreichs Wirtschaft und Industrie gibt es maßgebliche Kräfte, die für Schwarz-Blau eintreten.

Mit ein Grund ist auch die Klima- und Umweltpolitik, wo bei einer Koalition der Volkspartei mit den Grünen härtere Auflagen als bei Schwarz-Blau befürchtet werden. Der ÖVP geht es neben der Wirtschaft besonders darum, dass Pendler über höhere Spritpreise nicht zum Handkuss kommen. Grünen-Spitzenkandidat Stefan Kaineder hat schwarze Bauernvertreter und zugleich das Raiffeisen-Imperium im Wahlkampf mit Vorwürfen der Boden-Vergiftung auf die Obstbäume getrieben.

Auch bei der weiteren Vorgangsweise zur Eindämmung der Coronavirus-Infektionen sind sich ÖVP und Freiheitliche trotz der Differenzen um die Impfungen, bei welchen das Land ob der Enns nachhinkt, näher als ÖVP und Grüne. Für Schwarz-Grün würde aber sprechen, dass die beiden Parteien derzeit auf Bundesebene eine Regierung bilden.