Was sich in Vorarlberg seit eineinhalb Jahrzehnten abgezeichnet hat, ist nun auch tatsächlich in ein Wahlergebnis gegossen worden: Die Grünen haben die Freiheitlichen als strukturell zweitstärkste Kraft im Ländle abgelöst. Die eigenen Mittel haben allerdings nicht ausgereicht. Gebraucht hat es dazu die tatkräftige Mithilfe der FPÖ und eine politische Großwetterlage, die Ökologie und Klimaschutz auf der politischen Agenda ganz weit nach oben gepusht hat.

Aber der Reihe nach. Die ÖVP von Landeshauptmann Markus Wallner steht als der erwartete klare Sieger da. So klar sogar, dass ein beachtlicher Teil der Wähler fand, es passe schon, wie es die Umfragen im Vorfeld prognostizierten. Die Wahlbeteiligung sank einmal mehr auf nurmehr knapp über 60 Prozent. 2014 waren es noch fast 65 Prozent.

Angesichts der großen Verluste der FPÖ nimmt sich der Zuwachs bei der ÖVP allerdings bescheiden aus. Das war auch schon bei der Nationalratswahl am 29. September so. Vorarlberger FPÖ-Wähler finden offensichtlich nicht mehr auf einem direkten Weg zur ÖVP zurück. Was nicht wirklich wundert: Wallner hat sich so scharf wie kein anderer ÖVP-Politiker von den Blauen abgegrenzt und diese als einzige Partei als Regierungspartner ausgeschlossen. Ein deutlicher Unterschied zur Haltung der Bundespartei. Enttäuschte Freiheitliche hat das mit Sicherheit von einem Kreuz für Wallner abgehalten.

Der Landeshauptmann wird es verschmerzen. Er weiß, dass eine Koalition mit der FPÖ seiner ÖVP nur schaden würde. Um die Volkspartei in der politischen Mitte zu verankern, taugen Grüne und Neos besser als Partner. Auf diese Weise kann er auch eine geschlossene Oppositionsfront gegen die ÖVP im Landtag verhindern.

Sieht man von den Verlusten der FPÖ ab, hat sich ansonsten nur wenig bewegt. Die Neos profitieren noch immer vom Ländle-Bonus des Parteigründers Matthias Strolz. Und die SPÖ kann im Ländle beobachten, wie schwer es ist, wieder aufzustehen, wenn man erst einmal ganz tief unten angekommen ist.

Partnerwahl: Viel spricht für die Grünen

Die ÖVP kann sich nun einen Partner für die kommenden fünf Jahre aussuchen. Viel spricht für die Grünen. Wallner und Johannes Rauch haben schon bisher gut zusammengearbeitet. Das Wahlergebnis kann auch als Bestätigung für die schwarz-grüne Landesregierung gelesen werden. Dafür dass das Selbstbewusstsein der Grünen nicht in den Himmel wächst, dafür könnten die Neos sorgen. Mit ihnen hat die ÖVP einen zweiten willigen Partner in der Hinterhand.

Welche Lehren kann die Bundespolitik aus dem Vorarlberger Wahlergebnis ziehen?

Markus Wallners ÖVP ist nicht die ÖVP von Sebastian Kurz, aber es hat sich gezeigt, dass man, um enttäuschte Wähler der FPÖ anzuziehen, diese vielleicht nicht als Partner ausschließen sollte; und dass in einem liberalen und dennoch strukturell konservativem Bundesland eine schwarz-grüne Koalition mehr als 60 Prozent der Stimmen auf sich vereinen kann.

Bei den Grünen weiß man nun, dass man auch in einer Koalition mit der ÖVP ordentlich zulegen kann, wenn Großwetterlage, Leistung und Personen passen; es ist dies ein Ergebnis, das Bundessprecher Werner Kogler stärkt.

Die FPÖ weiß nun, dass Ibiza und Spesen auch ihren Wählern hinter dem Arlberg nicht egal sind; dass auch dieses Ergebnis kein Auftrag zum Mitregieren ist; und dass es sehr, sehr schwer werden wird, jemals wieder als jene liberale, wirtschaftsfreundliche, bürgerliche FPÖ zurückzukehren, die man im Ländle über Jahrzehnte hinweg war. Diese Nische hat die Partei freiwillig aufgegeben; künftig wird ihr nur noch das Wiener Modell bleiben.
 
Die Neos haben Vieles richtig gemacht. Für den nächsten großen Sprung nach oben müssen auf eine Wiederkehr der Krise der ÖVP hoffen.

Die SPÖ sollte eigentlich eh alles wissen, was es über ihre Situation zu wissen gilt.