David Ellensohn, Klubobmann der Wiener Rathaus-Grünen, fasste sich kurz: "Wir haben keine Zeit für Klein-Klein." Deshalb werden die Grünen mit einem umfangreichen Paket an Forderungen in den Wiener Wahlkampf starten, das Klimaschutz und Beschäftigungsmaßnahmen miteinander verbindet.

Zentrale Eckpfeiler dabei: Ein Jahr lang Gratis-Öffis für alle Wienerinnen und Wiener (mit Hauptwohnsitz in der Bundeshauptstadt) und Einführung der 35-Stunden-Woche für die knapp 65.000 Bediensteten der Stadt Wien, was, bedingt durch diese Arbeitszeitverkürzung, 7000 neue Jobs für die Stadt mit sich brächte.

"Wenn wir nur die Wirtschaft aufbauen, rasen wir mit Vollgas in die Klimakrise", sagte Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin Birgit Hebein. Deshalb sei es wichtig, auch klimapolitisch relevante Aspekte zu berücksichtigen. Neben Ellensohn und Hebein boten die Wiener Grünen mit Judith Pühringer, Sozialexpertin und künftige Nummer 3 auf der Liste der Wiener Grünen, und Peter Kraus, Sprecher für Stadtplanung und Energie, am Mittwoch gleich vier Rednerinnen und Redner auf. "Wir stehen hier heute alle vor Ihnen, um die Wichtigkeit unseres Anliegens deutlich zu machen", so Hebein.

Grüne Wahlkampfzuckerl wie etwa gratis Öffis oder die Ausweitung der Klimabezirke präsentierte die Spitzenkandidaten der Wiener Grünen. - © zoranlino - stock.adobe.com
Grüne Wahlkampfzuckerl wie etwa gratis Öffis oder die Ausweitung der Klimabezirke präsentierte die Spitzenkandidaten der Wiener Grünen. - © zoranlino - stock.adobe.com

Umstieg erleichtern

Warum ein Jahr lang Gratis-Öffis wichtig ist? "Weil die Menschen derzeit existenzielle und finanzielle Sorgen haben. Wenn sie kein Geld für öffentliche Verkehrsmittel ausgeben müssen, dann bleibt ihnen mehr im Börserl", so Hebein. Geld, das die Kaufkraft der Menschen in dieser Stadt und deshalb unmittelbar auch die Wirtschaftstreibenden Wiens stärken würde.

Darüber hinaus erhoffe sie sich natürlich, dass vielen Wienern der Umstieg vom Auto auf Bim, Bus und U-Bahn schmackhaft gemacht werde. Kostenpunkt der Gratis-Ticketaktion: 400 Millionen Euro. Nach einem Jahr wolle man evaluieren, ob diese Aktion, die Hebein als "gelebte Klimapolitik" bezeichnete, fortgesetzt oder beendet wird.

Mit der Einführung der 35-Stunden-Woche für alle Beschäftigten der Stadt Wien wiederum, wolle man ein Zeichen für nachhaltige Arbeitsmarktpolitik setzen. Eine Verkürzung der Arbeitszeit würde de facto einer Lohnerhöhung gleichkommen. Darüber hinaus würden damit gleich 7000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Viele seien durch die Coronakrise arbeitslos geworden, gleichzeitig brauche die Stadt Wien jeden Einzelnen, der dabei mithilft, Wien für die Klimakrise zu rüsten, so Hebein. Also Beispiele nannte sie das Anlegen von Grünflächen, die Errichtung von Grätzelzentren und die Sanierung/Dämmung von öffentlichen Gebäuden: "Zwei Probleme, die sich gegenseitig lösen: Viele Menschen, die Arbeit suchen, und viel Arbeit, die getan werden muss." Der Fokus bei den Neuanstellungen soll übrigens auf Berufseinsteiger und älteren Beschäftigungslosen liegen. Von der 35-Stunden-Woche profitieren würden vor allem Frauen, die etwa 60 Prozent der Beschäftigten stellen. Auch für diese Maßnahme haben die Wiener Grünen die Kosten bereits berechnet: 350 Millionen Euro.

Neue Klimabezirke

Weitaus weniger spektakulär, aber mindestens genauso wichtig ist den Grünen die Ausweitung der Klimaschutzgebiete auf weitere Bezirke. Ende Juni wurden der 2., 7. und 16. Bezirk zum Klimaschutzbezirk erklärt. Noch bis vor der Wahl sollen der 3., 8., 9. 18. und 19. Bezirk folgen, bis 2021 sollen dann alle Bezirke Klimaschutzbezirke sein. Klimaschutzbezirke verpflichten sich, künftig kein Öl oder Gas für Heizen und Warmwasseraufbereitung zu verwenden. Derzeit gilt das nur für Neubauten, mittelfristig sollen aber auch die Bestandsbauten auf umweltfreundliche Energiequellen umgerüstet werden. Finanzieren will man diese Maßnahmen, indem die Stadt jeden Euro, der vom Bund in Wiener Klimaschutzmaßnahmen investiert wird, verdoppelt.

Bei den Wiener Grünen betonte man, dass man mit diesen Forderungen in den Wahlkampf gehe, als Koalitionsbedingungen möchte man diese aber nicht verstanden wissen.

Das ist vermutlich auch besser so, denn die für die Wiener Linien zuständige Wiener Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) erteilte dem Ruf nach Gratis-Öffis postwendend eine Absage: Sima vermutete einen Wahlkampfgag" der Grünen, selbst Hebein müsse klar sein, dass eine derartige Forderung "unrealistisch ist". Die Grünen könnten jedoch bei der für die ÖBB zuständigen Ministerin und Parteikollegin Leonore Gewessler vorfühlen, ob diese künftig die Schnellbahnen in Wien gratis betreiben wolle - als möglicher "Lackmustest" für die Wiener Linien, so Sima.