Gleich neben dem Rathaus teilen sich Heinz-Christian Strache mit seinem Team und die FPÖ, die ihn ausgeschlossen hat, ein Gebäude, in dem ihre Wiener Klubs untergebracht sind. Dort empfing er die "Wiener Zeitung", mit der er über seine Pläne für die Wahl am 11. Oktober sprach.

"Wiener Zeitung": Sie teilen sich das Klubgebäude mit der FPÖ. Wie ist denn das Gefühl, wenn man hier hereinkommt und den alten Kollegen über den Weg läuft?

Heinz-Christian Strache: Sehr positiv. Das hat die Demokratie an sich, dass man, wenn man im Rathaus vertreten ist und einen Landtagsclub hat, natürlich sich auch die Räumlichkeiten mit allen anderen demokratisch gewählten Parteien teilt.

Strache teilt sich mit seiner Ex-Partei das Klubgebäude in Wien. - © P. Hutter
Strache teilt sich mit seiner Ex-Partei das Klubgebäude in Wien. - © P. Hutter

Haben sich Ihre politischen Ansichten geändert, seit Sie Vizekanzler waren und aus der FPÖ ausgeschlossen wurden?

Ich habe immer eine sehr konsequente politische Positionierung gehabt und die Menschen wissen, wofür ich stehe und worauf man sich verlassen kann.

Wo ist der Unterschied zur FPÖ?

Jede Wahl lebt von den Spitzenkandidaten und auch von den Persönlichkeiten einer Mannschaft. Ich trete in Wien zum vierten Mal als Spitzenkandidat an, nachdem ich das Vertrauen der Wienerinnen und Wiener von 3 Prozent auf über 31 Prozent aufbauen konnte. Ich stehe für Kontinuität und Verlässlichkeit. Ich bin das Original. Es ist ja durchaus ehrenhaft, kopiert zu werden: zuerst von Kurz im Jahr 2017, heute von Blümel in Wien und von Nepp sowieso, der bei mir in die Lehre gegangen ist. Aber die Leute gehen in der Regel schon zum Original und nicht zur billigen Kopie.

Ist das nicht seit jeher das Problem der FPÖ, dass sie sich zu sehr auf einen Spitzenkandidaten konzentriert hat und weg vom Fenster ist, sobald der wegfällt?

Nein, das Problem war, dass man all das, was ich in 15 Jahren aufgebaut habe, über Bord geworfen hat; dass man den familiären Zusammenhalt und die freiheitlichen Werte über Bord geworfen hat, dass man all das Anpatzen und die Verleumdungen nicht nur nicht abgewehrt hat, sondern auch noch mitgemacht hat mit den Linkslinken gegen meine Person.

Als Jörg Haider seinerzeit das BZÖ gegründet hat, haben Sie ihm vorgeworfen, die FPÖ zerstören zu wollen. Jetzt haben Sie Ihre eigene Partei gegründet. Besteht die Gefahr, dass Sie die FPÖ zerstören?

Das waren zwei völlig unterschiedliche Entwicklungen. Jörg Haider hat die FPÖ verlassen. Er hat Schulden hinterlassen und eine neue Partei gegründet. Ich hingegen habe ein Komplott erlebt, mit dem Ziel, mich zu vernichten. Jahrelange Mitstreiter, die ich aufgebaut habe, haben mich verraten und sind in diese Verleumdungen mit eingestiegen. Jetzt bin ich in die Politik zurückgekehrt, weil mich viele Menschen darum gebeten haben. Es gibt zu viele Fehlentwicklungen.

Ist die Wiedervereinigung mit der FPÖ etwas, das Sie sich vorstellen können?

Mein Herz ist zutiefst auf freiheitlichen Grundsätzen aufgebaut. Ich habe viele Freunde in der freiheitlichen Familie. Viele haben kein Verständnis dafür, dass ich ausgeschlossen wurde. Mein Angebot war es ja, eine Basisabstimmung zu machen und dann gemeinsam anzutreten. Da haben dann andere diesen Schritt der Spaltung gesetzt und den von mir gelebten freiheitlichen Weg verlassen. Hinter den Kulissen sagt man schon, dass sich der Druck erhöht, je stärker das Team HC Strache wird.

Könnten Sie sich vorstellen, wieder mit Johann Gudenus in Ihrer Partei zusammenzuarbeiten?

Nein, danach habe ich kein Verlangen.

Was ist für Sie das wichtigste Thema im Wahlkampf?

Die Corona-Entwicklung und die Vorgehensweise der Verantwortlichen. Drei Tage vor dem staatlich verordneten Lockdown wurde das Epidemiegesetz aufgehoben. Da mache ich allen Parteien den Vorwurf, dass sie im Parlament mitgestimmt haben. Das hätte es unter mir nie gegeben. Es kann ja nicht sein, dass man den Kleinstunternehmen damit ganz bewusst die rechtliche Ausfallshaftung stiehlt. Mit dem staatlichen Lockdown wurden hunderttausende Betriebe in Richtung Existenzgefährdung getrieben. Da hängen hunderttausende Arbeitslose dran.

Was wäre die Alternative gewesen?

Wir haben das Beispiel Schweden, das sich gegen einen Lockdown entschieden hat. Die Wirtschaft dort ist nicht so eingebrochen wie in Österreich und es treten auch weniger Infektionen auf.

Dafür hatten die Schweden mehr Tote als Österreich.

Das ist richtig. Unterm Strich sind aber die Todeszahlen in den letzten Jahren - nicht nur in Österreich - gleichgeblieben. Was aber völlig außer Acht gelassen wird: Wir haben heute PCR-Tests. Je mehr man testet, umso mehr werden auch positiv sein. Positiv heißt aber nicht gleich, krank zu sein oder eine Infektion zu haben. Weit über 90 Prozent haben keinerlei Symptome. Die Intensivstationen sind eigentlich leer. Das, was heute betrieben wird, ist Panikmache, die aber dem Standort massiven Schaden zufügt. Die Gesellschaft wird wirtschaftspolitisch und arbeitsmarktpolitisch an die Wand gefahren. Es müsste außerdem einmal eine Statistik geben, wie viele Menschen verstorben sind, weil sie während des Lockdowns keine Operationen erhalten haben. In Schweden hat man nur einen Fehler gemacht: nicht ausreichend die Risikogruppen zu schützen. Das hat dann auch zu den hohen Todeszahlen geführt. Wir dürfen jedenfalls nicht den Fehler machen, eine ganze Gesellschaft in Geiselhaft zu nehmen. Da bleiben dann nämlich hunderttausende Menschen auf der Strecke.

Man merkt, dass Sie noch sehr in der Bundespolitik verhaftet sind.

Überhaupt nicht. Das sind ja alles globale Entwicklungen. Die Gastronomie beispielsweise: Der hat man schon mit dem Rauchverbot zugesetzt, und jetzt in der Krise rückt die Stadt Wien aus, um die Luftsteuer (Gebrauchssteuer, etwa für Schanigärten, Anm.) zu kassieren. So etwas gehört nachgelassen beziehungsweise solche Bagatellsteuern einfach aufgehoben. Man muss die Wiener Gebührenlawine herunterfahren.

Beim Ibiza-Video hatte es geheißen, Sie wollten das Wasser privatisieren. Aus dem neuen Transkript geht hervor, dass Sie die Quellen nicht privatisieren wollten. Aber das Management wollten Sie schon privatisieren?

Ich habe nachweislich gesagt, dass das österreichische Wasser in der Verfassung geschützt werden soll. Ich habe dann analog dazu das norwegische Beispiel gebracht. Die Norweger haben vor Jahrzehnten ihr Öl in der Verfassung geschützt - als Eigentum des Volkes. Gleichzeitig hat man Modelle entwickelt - so wie bei uns mit der Österreichischen Beteiligungs AG, Öbag -, mit denen in PPP-Modellen (Partnerschaften zwischen Staat und Privaten, Anm.) Erdöl verkauft wird. So ein Modell würde ich mir auch für Österreich vorstellen.

Das ist doch genau die Diskussion. Es ist ja nie um die Privatisierung der Quellen gegangen . . .

Oh ja. Rot-Schwarz haben schon begonnen, die Quellen an Nestlé und andere zu verkaufen.

Ihre Position ist also: Quellen privatisieren nein, aber bei der Wasserversorgung sind Sie flexibel?

Ja, aber es soll nicht privatisiert werden, sondern PPP-Modelle mit staatlicher Beteiligung geschaffen werden. Die Gewinne würden wir zur Staatshaushaltssanierung und Gewinnausschüttung an die Bürger verwenden.

Sollte es zu einer Anklageerhebung kommen, würden Sie Ihr Mandat - so Sie es bei der Wahl erhalten - bis zum Urteil niederlegen?

Ich bin davon überzeugt, dass alle Ermittlungsverfahren eingestellt werden. Sollten sie nicht eingestellt werden, bin ich davon überzeugt, dass ich meine Unschuld beweisen werde.

Das heißt, bis zum Urteil würden Sie das Mandat nicht niederlegen?

Ich bin ein unbescholtener Bürger. Und solange man ein unbescholtener Bürger ist, sollte man auch diesen Grundsatz leben.