Die Regierungsarbeit der SPÖ war für fast die Hälfte der eigenen Wähler das Hauptmotiv, die Partei zu wählen. Das geht aus einer Studie des Meinungsforschers Peter Hajek hervor. Bei ÖVP, Grünen und Neos waren die Kernthemen Integration, Umwelt bzw. Bildung wahlentscheidend. Team HC – und überraschenderweise auch die FPÖ – wurden zu einem großen Teil wegen ihrer Spitzenkandidaten gewählt.
Unter den SPÖ-Wählern war Spitzenkandidat und Bürgermeister Michael Ludwig mit 9 Prozent nur das fünftstärkste Motiv hinter "Gute Arbeit geleistet" (46 Prozent), "Stammwähler/in" (21 Prozent), "Sozialpolitik" (15 Prozent) und "Wahlprogramm" (10 Prozent).
Die FPÖ wählte mehr als ein Fünftel (22 Prozent) wegen ihres Spitzenkandidaten Dominik Nepp. Für 19 Prozent der Freiheitlichen Wähler war es eine Wahl des "geringsten Übels". Erst dann folgt das freiheitliche Kernthema "Zuwanderungspolitik" (17 Prozent).
Das Kernthema der Grünen "Umweltpolitik" war für 44 Prozent ihrer Wähler das entscheidende Motiv. Danach folgen die Gründe "Wahlprogramm" (20 Prozent) und Verkehrspolitik (13 Prozent).
Für 29 Prozent der ÖVP-Wähler sowie 43 Prozent der Neos-Wähler war das jeweilige Wahlprogramm Hauptgrund. Das Team HC Strache wählten 59 Prozent wegen ihres gleichnamigen Spitzenkandidaten.
2.000 Menschen wurden abgefragt
Für die repräsentative Studie wurden 2.000 Menschen telefonisch oder online abgefragt. Die Meinungsforscher erfragten nicht nur die Wahlmotive, sondern auch die Nicht-Wahlmotive. Dazu wurden Wähler befragt, die bei der Wiener Gemeinderatswahl 2020 eine andere Partei wählten als bei der Nationalratswahl 2019 in Wien. Die SPÖ wurde demnach von 7 Prozent ihrer NR-Wähler wegen der Bundesparteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner nicht gewählt. 12 Prozent wählten die SPÖ nicht, um die Grünen zu stärken.
Gegen die FPÖ entschieden sich ihre Ex-Wähler wegen der "FPÖ-Skandale" (19 Prozent) oder um Heinz-Christian Strache zu unterstützen (17 Prozent). Immerhin 12 Prozent der Grün-Wähler bei der Nationalratswahl wählten die Grünen diesmal nicht wegen Spitzenkandidatin Birgit Hebein. Auch bei ehemaligen ÖVP- und Neos-Wählern waren die Spitzenkandidaten Gernot Blümel (21 Prozent) bzw. Christoph Wiederkehr (17 Prozent) dafür ausschlaggebend, die Partei heuer nicht zu wählen. Die Nichtwähler blieben hauptsächlich aus Gründen der Politikverdrossenheit (38 Prozent) sowie "aus gesundheitlichen Gründen" (24 Prozent) zu Hause.
Zuwanderung als wichtiges Thema
Einige potenzielle Wähler dürfte die ÖVP aufgrund ihres Rechtskurses vergrault haben. Unter den Nicht-Wählern der ÖVP, die überlegt haben die ÖVP zu wählen, gaben 37 Prozent an, der politische Kurs von Gernot Blümel sei ihnen zu rechts gewesen. Die SPÖ hat demnach aufgrund ihrer Migrationspolitik potenzielle Wählerstimmen verloren. Für 46 Prozent ihrer potenziellen Wähler, die sich schließlich dagegen entschieden haben, war dies ein Grund. Bei den Grünen war die Regierungskoalition mit der ÖVP auf Bundesebene ausschlaggebend, sie nicht zu wählen (37 Prozent). Den Neos dürfte der Ausschluss einer Koalition mit der ÖVP auf Landesebene geschadet haben (27 Prozent).
Beim wichtigsten Thema für die persönliche Wahlentscheidung gab es eine Überschneidung zwischen ÖVP, FPÖ und Team HC. "Zuwanderung & Integration" war das Hauptthema für 31 Prozent der ÖVP-, 57 Prozent der FPÖ- sowie 68 Prozent der HC-Wähler. Bei der SPÖ halten sich "Wirtschaft & Arbeitsplätze" (21 Prozent), "Gesundheit" (20 Prozent) sowie "Bildung & Schulen" (19 Prozent) die Waage. Für Grün- und Neos-Wähler waren die Partei-Kernthemen Klimaschutz (62 Prozent) bzw. Bildung (43 Prozent) die wichtigsten. (apa)