Wien. Die Grünen gehen mit Werner Kogler als Spitzenkandidat in die Nationalratswahl. Eine Entscheidung, die nach der so erfolgreich geschlagenen EU-Wahl fast als logisch erscheint. Sowohl Kogler als auch der oberösterreichische Grünen-Landesrat Rudi Anschober erklärten am Freitag in einer Pressekonferenz, warum Kogler das EU-Mandat nicht annehmen wird – trotz der 70.585 Vorzugsstimmen für ihn: Er habe eine Unmenge an Zuschriften bekommen, mit der Aufforderung, trotzdem für den Nationalrat zu kandidieren. Kogler wird das EU-Mandat erst gar nicht annehmen, sondern es direkt an Monika Vana, die schon bisher die Grünen im EU-Parlament vertreten hat, weitergeben. Neben ihr zieht Sarah Wiener ein – und, sollte es zum Brexit kommen, auch Thomas Waitz. Die anwesenden grünen Landessprecher unterstützten ihren Chef mit Applaus.

Die Entscheidung sei gemeinsam mit allen Landesorganisationen gefallen, betonte er. Auch mit den europäischen Grünen habe er dies vereinbart.

Daher wird sich der Grünen-Bundessprecher beim Bundeskongress am 6. Juli um die Spitzenkandidatur bewerben.

Ziel: Starkes Comeback

Und zwar mit dem Ziel, das stärkste Comeback zu schaffen, das es je gab, und wieder in das Hohe Haus einzuziehen. Was das Wahlziel betrifft, hielt sich Kogler zurück. "Nur nicht überheblich werden", lautet da sein Credo. Man starte bei null beziehungsweise 3,8 Prozent von der Nationalratswahl 2017. "Wenn jetzt einer sagt, acht Prozent sind besser als vier Prozent, finde ich wenige Gründe, dem zu widersprechen", deutet er auf aktuelle Umfragewerte hin. Dass er dafür bereit ist, mit all seinen Kräften zu kämpfen, machte Kogler deutlich.

Dass der 57-Jährige die Grünen in die Wahl führt, ist nur ein logischer Schritt der Ökopartei. Schließlich hat der Steirer die Partei, die nach der Nationalratswahl am Rande des Kollapses stand, Schritt für Schritt wieder zum Leben erweckt. Unermüdlich führt er Gespräche. Das tut er auch in Wirtshäusern, vor denen der studierte Umweltökonom keine Scheu hat. Und er zeigt sich demütig: "Wir haben unsere Lektion gelernt. Wir haben Junge dazugeholt." Er könne nicht erklären, woher der große Erfolg bei der Europa-Wahl hergekommen sei. Mit "Comeback stronger" gibt Werner Kogler auch gleich den Hashtag im Grünen Wahlkampf vor. "#comebackstronger #zurückzudengrünen #grünezukunft, diese Hashtags können Sie sich merken", sagte Kogler.

Er machte aber auch klar, dass er nicht als "Solotänzer" unterwegs sein wird. "Das wird sicher kein Pferderennen mit nur einem Pferd", sagte Kogler. Er sei auch im EU-Wahlkampf nicht alleine gestanden, sondern von allen Ländern unterstützt worden. "Vielleicht wird es ja auch ein Kleeblatt", deutete er ein Back-up von noch nicht genannten Personen an.

Keine Entscheidung zu Jetzt

Für die Landesliste der Wiener Grünen, die am 22. Juni fixiert wird, bewerben sich zum Beispiel die früheren Abgeordneten Sigrid Maurer und Alev Korun, Rektoren-Chefin Eva Blimlinger oder der Anwalt Georg Bürstmayr. Auch Daniela Kickl, die Cousine von FPÖ-Klubchef Herbert Kickl, will auf die Grünen-Liste.

Was aber ist mit den Abgeordneten der Liste Jetzt? Wird es eine Zusammenarbeit geben? Werner Kogler bleibt da im Ungefähren: "Was ich weiß, ist, dass die Grünen sicher als Grüne kandidieren werden." Man sei "für viele ganz offen", sagt er etwa im Hinblick auf Liste-Jetzt-Abgeordnete.

Die Liste Jetzt kann im Nationalrat durchaus mit einigen Persönlichkeiten aufwarten. Bruno Rossmann hat bereits gesagt, dass er sich jetzt in die Pension zurückziehen wird, aber Rechtsanwalt Alfred Noll, Rechtsanwältin Alma Zadic oder die nun freie Abgeordnete Martha Bißmann wären durchaus interessante Persönlichkeiten. Kogler selbst hat sich bereits mit Jetzt-Parteichefin Maria Stern getroffen, das Besprochene müsse aber noch geheim bleiben.

Kein Zurück für Pilz

Für die Kandidatur wollen die Grünen auf jeden Fall Unterstützungsunterschriften sammeln und sich keinesfalls auf die Unterstützung von drei Abgeordneten verlassen. Klar blieb Kogler in Bezug auf Peter Pilz, der mit seiner Gegenkandidatur zu den Grünen mit der damaligen Liste Pilz das Ende der Grünen im Parlament mitverursacht hat: "Einen Schritt zurück wird es nicht geben." – Zur Erinnerung: Pilz war damals bei der Listenerstellung zurückgereiht worden, wollte sich damit nicht abfinden und kandidierte mit einer eigenen Liste. – Kogler verwies diesbezüglich auch auf den Bundeskongress, der Pilz vermutlich nicht die Stimmen geben würde.

Umwelt- und Kinderschutz

Inhaltlich nannte Kogler Umweltschutz, Kinderschutz und ein korruptionsfreies Land als die drei Hauptthemen, mit denen die Grünen den Wahlkampf bestreiten wollen. Er machte ein klares Angebot, nicht nur an "ehemalige Christian-Kern-Wähler", diesmal Grün oder wieder Grün zu wählen, sondern er setzte ein deutliches Zeichen an die "Christlich-Sozialen", die mit dem türkisen jungen Obmann nicht zurechtkommen. Mit ihnen könnte man auf die Grünen als "Bewahrer der Schöpfung" setzen. Dass der Klimaschutz quasi in der DNA der Grünen ist, sei klar. Und dieser müsse im Parlament wieder stark vertreten werden – das habe gefehlt. Die bis zu zehn Milliarden Strafzahlungen, mit denen Österreich rechnen müsse aufgrund der Versäumnisse bei den Klimazielen, hätten für Klimaschutz ausgegeben werden sollen.

Zum Thema Gerechtigkeit: Da stehe der Kinderschutz ganz oben auf der Liste. Kein Kind dürfe zurückgelassen werden – das werde zwar nicht ganz gelingen, aber der Anspruch müsse da sein. Und zum dritten Schwerpunkt, der Korruption, verwies Kogler darauf, dass die Grünen beim Hyposkandal als Aufdecker geholfen hätten, Milliarden zurückzuholen. In diesem Sinn forderte er von den Medien mehr Differenzierung ein, wenn es heiße, alle Politiker seien gleich. "Es sind eben nicht alle gleich", sagte Kogler.