Wien. Die SPÖ hat ihre Bundesliste für die Nationalratswahl mit großer Mehrheit abgesegnet. Beim Bundesparteirat in Wien stimmten 95,6 Prozent für Pamela Rendi-Wagner als Spitzenkandidatin. Auch die übrigen Kandidaten kamen durch, ihre Ergebnisse wurden nicht bekannt gegeben. Die Landeslisten, die auch dem Bundesparteirat vorgelegt werden mussten, erhielten gut 95 Prozent.

Wie viele Plätze über die Bundesliste vergeben werden, hängt einerseits von der Stärke der SPÖ insgesamt, andererseits vom Erfolg in den einzelnen Regionalwahlkreisen und in den Ländern ab. Als fix gilt, dass neben Rendi-Wagner FSG-Chef Rainer Wimmer, Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda und die Vorsitzende der Sozialistischen Jugend Julia Herr über die Bundesliste in den Nationalrat kommen. Die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) ist in Wien abgesichert und Jörg Leichtfried sollte es über die steirische Landesliste schaffen.

Kampfmandate 

Daher beginnen die Kampfmandate ab Position acht, wo Bau/Holz-Gewerkschaftschef Josef Muchitsch sitzt, der es aber auch über seinen steirischen Wahlkreis schaffen könnte. Dahinter folgt Sonja Hammerschmid, die über die niederösterreichische Landesliste einziehen dürfte. Somit könnten bei günstigem Verlauf auch noch der Homosexuellen-Vertreter Mario Lindner und allenfalls Ex-Staatssekretärin Muna Duzdar auf den Plätzen zehn und elf auf ein Mandat hoffen. Dahinter wird es eher aussichtslos, sofern keiner der Kandidaten davor auf sein Mandat verzichtet.

Einstimmig abgesegnet wurde der Leitantrag, der quasi ein Aufgalopp zum Wahlprogramm sein soll. Größtenteils enthält er alt bekannte Forderungen der Sozialdemokraten wie den Wunsch nach Gesamtschule, freiem Hochschulzugang oder Universalmietrecht. Dazu kommt ein Pflegegarantiefonds, gespeist aus Steuergeldern. Im Arbeitsrecht will man etwa eine Vier-Tages-Woche sowie einen Rechtsanspruch auf eine sechste Urlaubswoche nach 25 Jahren.

Häppchenweise

Weitere Forderungen der SPÖ sollen häppchenweise im Wahlkampf präsentiert werden, einige kamen bereits heute von Rendi-Wagner, etwa ein Klimaticket, das täglich nicht mehr als drei Euro für den öffentlichen Verkehr kommen soll.

Die Debatte zum Programm am Parteirat verlief kurz und kritikarm. Einzig ein Bauernvertreter zeigte sich unzufrieden, dass das Wort Landwirtschaft im Leitantrag überhaupt nicht vorkomme.

Rede der SPÖ-Vorsitzenden 

Wie böse die türkis-blaue Regierung war und was für eine gute Richtung das Land unter "der ersten gewählten Bundeskanzlerin" Pamela Rendi-Wagner nehmen wird, war wiederum das Leitmotiv der Rede der SPÖ-Vorsitzenden am Bundesparteirat der Sozialdemokraten. Versprochen wurden etwa die Wiederbelebung der Aktion 20.000, tausende Lehrer mehr sowie eine Pensionsgarantie.

"Ja, ich liebe die Menschen", eröffnete Rendi-Wagner ihre Rede und meinte, dass sie damit eigentlich auch schon aufhören könnte - tat es dann aber nicht und widmete sich mehr dem Motto des Parteirats: "Mut für Österreich. Gut für Österreich". Denn Mut und Verantwortung hätten die SPÖ immer stark gemacht und unterschieden sie von der "Ibiza-Koalition".

"Die einen lassen sich filmen, die anderen bezahlen" 

Überhaupt ging die SPÖ-Chefin mit den früheren Regierungspartnern eher hart ins Gericht: "Die einen lassen sich filmen, die anderen bezahlen", spielte sie auf die Spenden-Debatte an. Überhaupt habe die Koalition 17 Monate ein verantwortungsloses Schauspiel abgeliefert: "Diese Regierungskoalition ist kläglich gescheitert."

Was die SPÖ besser machen will, skizzierte Rendi-Wagner zumindest. So will die Sozialdemokraten-Chefin Eingriffe in Pensionsgutschriften unmöglich machen, modernere Arbeitsbedingungen und mehr Plätze für Ärzte und die Aktion 20.000 wieder einführen. Denn mit deren Sistierung sei 20.000 Menschen die Chance auf ein würdevolles Leben gestohlen worden. In der Wohnpolitik wollen die Roten etwa die Steuern auf Mieten abschaffen. Schulen dürften keine reinen Aufbewahrungsstätten werden, daher brauche es 5.000 Lehrer mehr, forderte Rendi-Wagner.

Klimaticket

Der Klimakrise will die SPÖ-Vorsitzende mit einem Klimaticket begegnen. Das ganze Jahr über solle man um drei Euro pro Tag öffentlich fahren können. Ohnehin brauche es einen Systemwandel in diesem Bereich. Unterstützung kam von Julia Herr, die mit ihrer Sozialistischen Jugend auf der Bühne mit Transparent für die Ausrufung des "Klimanotstands" warb. Was die Zuwanderungspolitik angeht, versuchte Rendi-Wagner einen Spagat. Einerseits warf sie den Altkoalitionären vor zu hetzten, andererseits hielt sie Türkis-Blau aber auch vor, nichts zum europäischen Außengrenzschutz getan zu haben.

"Kunstfigur" 

Das Auditorium, dem rund 250 stimmberechtigte Delegierte angehörten, nahm die Rede freundlich auf. Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek gab sich gar enthusiasmiert ob des Vortrags der Vorsitzenden, die sich wohltuend von einer "Kunstfigur" bzw. einem "Eiskasten" - gemeint jeweils VP-Chef Sebastian Kurz - unterscheide.

 Ludwig-Angriff gegen FPÖ

Mit scharfen Angriffen vor allem gegen die FPÖ startete zuvor der Bundesparteirat im Wiener Museumsquartier. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig meinte etwa in Richtung Freiheitlicher: "Das sind nicht Rechtspopulisten, das sind Rechtsextreme." Wohin solch eine hetzerische Politik führe, sehe man, wenn die Menschen dann aus dem Fenster schießen, spielte er auf einen einschlägigen Vorfall mit einem FPÖ-Funktionär in Salzburg an. Ludwig machte in dem Kontext darauf aufmerksam, dass die ÖVP die Koalition nicht wegen Grenzüberschreitungen der Freiheitlichen beendet habe sondern aus rein machtpolitischen Gründen, weil man sich auch noch das Innenministerium habe holen wollte.

Kritik am Ende von Aktion 20.000

Belustigt äußerte sich der Stadtchef zu Einschätzungen von VP-Chef Sebastian Kurz, wonach in Zeiten der SP-geführten Regierungen immer Stillstand geherrscht habe: "Der meiste Stillstand ist, wenn man alle 17 Monate eine Nationalratswahl vom Zaun bricht." Vor allem sozialpolitisch geißelte Ludwig die Politik von Türkis-Blau, etwa die Abschaffung der Aktion 20.000 für ältere Arbeitslose, die nach Bürgermeister-Geschmack nach der Wahl wieder kommen soll.

Den Umbau der Sozialversicherung griff der Stadtchef besonders stark an - Hauptziel sei gewesen, Gewerkschaften rauszubekommen. Bei SP-Regierungsverantwortung soll dies wieder umgekehrt werden. Gestreift wurden von Ludwig auch - dem inhaltlichen Zeitgeist entsprechend - Klimamaßnahmen sowie die Wohnpolitik, wo der ehemalige Wohnbaustadtrat die Bundeshauptstadt als Vorbild vorstellte.  (apa)