Wien. Auch der Ex-Grüne und Liste-Jetzt-Gründer Peter Pilz ist nun voll im Wahlkampf angekommen: Der Aufdecker macht die ehemaligen Regierungsparteien ÖVP und FPÖ, aber auch die Neos, mitverantwortlich für herbe Spekulationsverluste der privaten Pensionskassen VBV, Valida, APK und Allianz. Mehr als eine Milliarde Euro an Spekulationsverlusten weisen die als sogenannte Zweite Säule des Pensionssystems bezeichneten Kassen laut Pilz für das Jahr 2018 auf. Am Montag präsentierten Pilz und sein Mitstreiter Bernd Nussbaumer den Journalisten auch ein Schreiben der Pensionskasse Valida, in dem von einem "sehr schwierigen Veranlagungsjahr" die Rede ist und den Pensionsbeziehern eine Verminderung den beitragsorientierten Pensionszusagen angekündigt wird. Fast eine Million Österreicher haben Anspruch auf eine solche private Zusatzpension.

"Von den fünf großen Pensionskassen haben vier zusammengerechnet mehr als eine Milliarde Euro verspekuliert", sagt Pilz. Er will nun ÖVP, FPÖ und Neos - die im Oktober 2018 mit den damaligen Regierungsparteien im Nationalrat eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen der privaten Pensionsversicherungen mitbeschlossen hatten - zur Verantwortung ziehen.

Kurseinbruch an den
Bösen Ende 2018

In der Tat ist es bereits das fünfte Mal seit der Gründung der ersten privaten Kassen, dass ein negatives Veranlagungsergebnis eingefahren wird. Das berichtete bereits Ende August die Arbeiterkammer Oberösterreich (AK). Volatile Kapitalmärkte würden in manchen Fällen bereits zu Kürzungen von über 50 Prozent bei den Pensionsauszahlungen führen, schrieb die AK damals in einer Aussendung. Die AK fordert die Wiedereinführung einer gesetzlichen Mindestertragsgarantie, der Fachverband der Pensionskassen sieht seine Mitglieder selbst "sehr erfolgreich".

Vor allem jene Beitragszahler, bei denen die Übertragung alter Pensionsrückstellungen auf Basis sehr hoher Ertragsannahmen vorgenommen wurde, gehören nun zu den Verlieren, erklärt Josef Wöss, Leiter der Abteilung Sozialpolitik der AK Wien. Die hohen Verluste bei der Veranlagung 2018 - alleine Valida und VBV "verzockten" laut Pilz jeweils fast 400.000 Euro - seien größtenteils einem internationalen Kurseinbruch auf den Finanzmärkten zu Jahresende 2018 geschuldet. Abgeschlossen werde das Jahr mit dem Tageskurs am Jahresende. "Das hat erneut gezeigt, dass das Instrument der sogenannten Schwankungsrückstellung bei weitem nicht reicht, um größere Schwankungen auf den Anlagemärkten ausgleichen zu können, kritisiert der AK-Experte. Laut Pilz’ Recherchen seien die Rückstellungen schon jetzt aufgebraucht - allein 2018 sei es deshalb zu Kürzungen von rund 7 Prozent gekommen, so Pilz.

Heftiger Widerspruch
vom Fachverband

Pilz geht noch weiter. Die im Oktober 2018 beschlossene Änderung der gesetzlichen Grundlagen würden noch mehr "Spekulationsmöglichkeiten" ermöglichen, kritisiert Pilz. Bei der damals beschlossenen Änderung aber handelt es sich um die Umsetzung einer EU-Richtlinie, schreibt der Fachverband der Pensionskassen in einer Aussendung. Sie müsse von allen EU-Staaten umgesetzt werden und bringt den Pensionskassen tatsächlich mehr Flexibilität bei der Veranlagung der ihnen anvertrauten Gelder. Gesetzlich hätten die Kassen schon bisher bis zu 70 Prozent der Gelder in Aktien anlegen können, diese Quote werde aber nicht einmal ansatzweise ausgereizt, weist der Fachverband Pilz‘ Aussagen zurück. Und im Übrigen sei für die Höhe der Pension auch nur der langfristige Erfolg entscheidend, so die Behauptung. Peter Pilz drängt die Parteien auf eine Reparatur des Gesetzes. Er warnt vor der Gefahr künftiger Verluste, die noch höher ausfallen könnten. Zudem sieht er Ex-Kanzler Sebastian Kurz und Ex-Finanzminister Hartwig Löger - er war bis 2017 CEO des Versicherers Uniqa, der mit Raiffeisen Anteile an der Kasse Valida hält - persönlich verantwortlich.