Wien. Der Hackerangriff, den die ÖVP am Donnerstag öffentlich machte, wird sicher zentrales Thema in diesem Wahlkampf sein. Denn wenn es tatsächlich so sein sollte - wie IT-Sicherheitsexperten sagen -, dass man fast in alle IT-Systeme eindringen kann, wenn man nur genügend Energie und Können aufweise, könnte sich das Thema zu einer großen Demokratie- und Sicherheitsdebatte auswachsen.

Auf jeden Fall wird sich der Nationale Sicherheitsrat damit befassen, für den Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein einen zeitnahen Termin vorschlagen wird. Die Bundesregierung hat darüber hinaus den mutmaßlichen Cyberangriff auch der EU gemeldet. Einberufen haben den Sicherheitsrat FPÖ und Liste Jetzt. Denn für die FPÖ ist der Angriff auf die türkise Parteizentrale "bereits die zweite schwerwiegende Hackerattacke vor Wahlen in Österreich". Die erste Attacke sei das Ibiza-Video gewesen.

Ein anderes Motiv hat die Liste Jetzt: "Cyberangriff oder Vortäuschung eines Cyberangriffs auf eine wahlwerbende Partei im Nationalratswahlkampf 2019", lautet der Titel des Verlangens auf Einberufung des Sicherheitsrats. "Es spricht viel dafür, dass es sich hier um einen Cyberangriff nicht gegen die ÖVP, sondern aus der ÖVP handelt", glaubt Peter Pilz. Er möchte klären, "ob hier von der Spitze der ÖVP ein parteiinternes Leak für eine Desinformationskampagne mitten im Wahlkampf missbraucht wird".

Schnelle Aufklärung gefordert

Auch die ÖVP schließt sich der Forderung nach Einberufung des Sicherheitsrates an, geht dabei aber noch weiter. Sicherheitssprecher Karl Mahrer kündigte im Gespräch mit der APA an, den Hacker-Angriff im Ständigen Unterausschuss des Innenausschusses im Nationalrat zu thematisieren. Mahrer will vor allem wissen, ob es sich um Wahlbeeinflussung handeln könnte, und was die Bundesregierung dahingehend unternehmen will.

Unterdessen ermittelt die Abteilung "Cyber Crime Competence Center" des Bundeskriminalamts (BKA) seit Freitag. Man werde sämtliche Ergebnisse und Beweise der seit Dienstag in der Parteizentrale eingesetzten "Task Force" dem BKA übergeben. Um wen es sich bei dem Angreifer handelt, ist weiterhin unklar.

Ungeachtet der Ereignisse rund um die Bundesparteizentrale Bundespartei in der Wiener Lichtenfelsgasse, hat ÖVP-Bundesparteiobmann Sebastian Kurz am Freitag den Startschuss für seine dreitägige Bundesländertour gegeben und damit den Intensivwahlkampf seiner Partei eingeläutet. Es ist dies allerdings nicht die erste Österreich-Tour für Kurz: Bereits unmittelbar nach der Aufkündigung der Koalition und dem folgenden Misstrauensantrag gegen seine Regierung hat sich der Altkanzler auf eine Tour durch die Bundesländer begeben und zahlreiche kleine und größere Veranstaltungen besucht.

In den kommenden Tagen soll es im Kurzdurchlauf noch einmal quer durch Österreich gehen. Ausgangspunkt war am Freitag die Politische Akademie der ÖVP in Wien. Als "Überraschungsgast" war der konservative Kiewer Bürgermeister und Ex-Boxchampion Vitali Klitschko dort, der seinem "langjährigen Freund" Kurz alles Gute wünschte und ihm eine Weisheit aus seiner Sportkarriere mitgab: "Gemeinsam mit dem besten Team kannst du jedes Ziel schaffen." Der Abstecher mag auch für Klitschko erholsam sein, denn in Kiew liegt er im Clinch mit dem neu gewählten Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj.

Obwohl Kurz in den Umfragen sehr stabil mit 15 Prozentpunkten vor SPÖ und FPÖ liegt, appellierte er an seine Unterstützer, um jede Stimme zu "laufen": "Rasten wir uns in den nächsten Wochen nicht auf den guten Umfragewerten aus." Genau das führen Politikberater und Demoskopen immer wieder ins Treffen: Wenn sich die Wählerschaft zu sehr darauf verlässt, dass ihr Kandidat ohnehin gewinnt, sinkt die Motivation, zur Wahl zu gehen.

Drei Länder pro Tag

Noch am Freitag absolvierte Kurz drei Länder: Von Wien aus ging es mit der nach Tulln, wo die gesamte türkis-schwarze Elite des Landes aufwartete, darunter Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Alt-Landeshauptmann Erwin Pröll. Nach Niederösterreich folgte dann noch Abstecher nach Oberwart im Burgenland. Am Samstag Kurz-Tross in Ried in Oberösterreich, in Graz und Villach Station, am Sonntag sind Salzburg, Kufstein und Bregenz an der Reihe.

Die Stippvisiten in die Bundesländer sind vor allem den zahlreichen Fernseh- und Radiodiskussionen aller Spitzenkandidaten geschuldet. Viel Zeit bleibt da nicht, im Land herumzureisen.

Im Vergleich zum pompösen Wahlkampfauftakt 2017 legt es die ÖVP diesmal allerdings deutlich bescheidener an. Damals versammelten die Türkisen 10.000 Fans und Parteigänger in der Wiener Stadthalle bei einem einzigen Event, das allein laut kürzlich vom "Falter" veröffentlichten Unterlagen rund eine Million Euro gekostet haben soll. Die neue Ernsthaftigkeit bei den Wahlkampfkosten zeigt Wirkung.