Am 27. Februar dieses Jahres stand auf einmal eine Hanfpflanze am Rednerpult des Nationalrats. Mitgebracht hatte sie nicht etwa eine Liste-Jetzt- oder Neos-Mandatarin, sondern Brigitte Povysil, Gesundheitssprecherin der FPÖ. Es ging in der Debatte um Cannabis in der Medizin. Povysil, bis kürzlich Primaria für Radiologie, erklärte, dass Cannabis bereits heute über Rezept erhältlich sei. Bei der kommenden Nationalratswahl kandidiert die Linzerin erneut für die FPÖ.

"Wiener Zeitung": Haben sich Ihre FPÖ-Kollegen sehr erschreckt, als Sie auf einmal eine Hanfpflanze im Plenum hervorholten?

Brigitte Povysil: Mein Gott! Das ist halt Aktionismus. Ich habe schon ein Gefühl, was ich machen kann. Es ist halt das Objekt der Begierde, und ich habe es mitgenommen, damit es die Leute sehen.

Wie kommt man eigentlich als Ärztin in die Politik?

Ich bin als Expertin gefragt worden. Bei der ersten Anfrage habe ich noch Nein gesagt, weil ich da ganz frisch Primaria war. Danach hat es gepasst. Ich bin erst vom damaligen Landesparteiobmann Hans Achatz, dann von Jörg Haider persönlich gefragt worden. Und Haider war ja ein charismatischer Mensch.

Waren Sie schon vorher bei der FPÖ?

Nein, ich war sogar zwei Jahre parteilos im Nationalrat. Ich bin dann aber beigetreten, weil sie mir die Chance gegeben haben und ich mich auch wohlgefühlt habe.

Wissenschafter können oft schwer akzeptieren, dass in der Politik nicht immer die Ratio im Vordergrund steht. Wie war das bei Ihnen als Ärztin?

Kompromisse einzugehen ist nie leicht, aber ich war sie auch als Führungskraft in einem Spital gewöhnt. Hätte ich aber zu viele Kompromisse eingehen müssen, hätte ich die Politik nicht weiter betrieben. Mir steht das freiheitliche Gedankengut sehr nahe, nämlich das Gedankengut der Freiheit. Es ist in meiner Partei möglich, intern sehr offen darüber zu sprechen, was man für richtig hält.

Aber die Partei ist heute eine andere als früher. Es hat Parteispaltungen gegeben, Jörg Haider hat die FPÖ selbst verlassen. Sie sind ihm nicht gefolgt.

Nein, zu der Zeit nicht. Ich habe pausiert und mich auf die Medizin konzentriert. Ich war aber eigentlich immer mit der Partei in Kontakt. Die Trennung war meiner Meinung auch ein großer Fehler.

Gerade, weil Sie das Freiheitliche betont haben: Es hat ja schon vor Ihrer Zeit eine Abspaltung gegeben, das Liberale Forum. Die Heterogenität des Dritten Lagers gibt es heute so nicht mehr, oder?

Doch. Wir haben noch immer einen liberalen und einen eher rechtskonservativen Flügel. Und wir haben vieles dazwischen, viele Freiberufler, viele, die voll in einem Beruf stehen.