Wien ist anders. Die Bundesparteien haben es nicht leicht mit der Hauptstadt. Ihr Wahlkampf wird von den eigenen Wiener Landesorganisationen immer wieder gestört. Hier ein Nadelstich. Dort ein Schlag. Und manchmal sogar ein Torpedo. Weder SPÖ, noch ÖVP, die Grünen und schon gar nicht die FPÖ harmonieren mit ihren Wiener Pendants. Die Performance der Parteien in Wien ist essentiell für eine erfolgreiche Wahl. Immerhin stellt die Bundeshauptstadt 1,15 Millionen Wähler. Mobilisieren sollen sie die Landesparteien. Doch diese rennen oft gegen die Mutterpartei, statt für sie. Auch wenn sie nach außen das Gegenteil behaupten.

Über die Reibereien innerhalb der Parteien gibt es keine Pressekonferenzen, keine Aussendungen, keine Auskunft. Es wird Geschlossenheit demonstriert. Doch wer genau hinsieht, erkennt die Bruchlinien. Ein Überblick.

Rennt Ludwig für Rendi?

Rendi braucht die mächtige Wiener SPÖ. Aber rennt Ludwig wirklich für sie? - © Winterer
Rendi braucht die mächtige Wiener SPÖ. Aber rennt Ludwig wirklich für sie? - © Winterer

Wien, September 2018: Michael Ludwig ist schmähstad. Der Wiener Bürgermeister wurde kalt erwischt. Parteichef Christian Kern hat völlig überraschend das Handtuch geworfen. Die panische Suche nach einer Nachfolge wird ohne die Wiener SPÖ bestritten. Ludwig steht vor vollendenten Tatsachen. Pamela Rendi-Wagner ist nicht seine erste Wahl. Seinem Grant lässt Ludwig freien Lauf. In Interviews gibt er sich von Rendi-Wagner nicht wirklich überzeugt. Vor laufenden Kameras bestätigt er, dass sie nicht seine Wunschkandidatin ist. Väterlich macht er sich über Rendi-Wagners Arbeitspensum Sorgen. Sie könnte ja überfordert sein. Ihre Meinung könne Rendi schon sagen, er werde ihr schon zuhören, gesteht er ihr in der "ZiB 2" überheblich ein. Geschlossenheit sieht anders aus.

Ein Jahr später gibt sich die SPÖ geeint. Rendi-Wagner und die Bundespartei brauchen Ludwig und die Wiener SPÖ. Sie ist die mit Abstand mächtigste Landesorganisation der Partei. Sie ist ihre Mobilisierungs-Maschine. Sie ist ihr Motor. Ohne die Wiener SPÖ ist die Bundespartei verloren. Rendi-Wagner muss sich auf Ludwig verlassen können. Aber rennt Ludwig wirklich für Rendi? "Sie haben für den Wahlkampf eine professionelle Allianz geschlossen", sagt der Politologe Peter Filzmaier. "Aber darüber hinaus geht die Beziehung nicht, da sollte sich Rendi-Wagner keine Hoffnungen machen."

Sinnbildlich für das Verhältnis zwischen Rendi-Wagner und Ludwig war die Nacht nach der Europawahl im Mai. Während Rendi-Wagner böse Miene zum guten Spiel machte, jubilierte Ludwig. Die SPÖ verlor - trotz Ibiza-Skandal - 0,7 Prozentpunkte. In Wien legte sie jedoch, völlig entgegen dem Bundestrend, satte 2,3 Prozentpunkte zu. "Ich konzentriere mich auf Wien, und hier haben wir ein tolles Ergebnis eingefahren", sagte Ludwig lächelnd. Da war sie wieder. Die Süffisanz gegenüber der Parteichefin.