Der Ausgang der heutigen Nationalratswahl scheint angesichts durchgehend stabiler Umfragen ziemlich klar. Die einzige große offene Frage ist laut den Meinungsforschern, mit wem ÖVP-Altkanzler Sebastian Kurz die nächste Regierung bildet. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass die an Ibizagate zerbrochenen türkis-blauen Koalition fortgesetzt wird, schmolz im Lauf des Wahlkampfes.
Dies obwohl die zweite Zusammenarbeit von ÖVP und FPÖ - bis zum Ibiza-Crash von Vizekanzler Heinz-Christian Strache - für eineinhalb Jahre höchst harmonisch verlief. Anders als in Koalition mit Wolfgang Schüssels ÖVP von 2000 bis 2006 blieben FPÖ-interne Turbulenzen aus. Aber nach dem überraschenden Crash im Mai sah man im Wahlkampf dennoch manch scharfen Wortwechsel zwischen den frisch Getrennten - und höchst divergierende Haltungen, etwa was eine weitere Ministerschaft Herbert Kickls (FPÖ) oder ein Verbot der Identitären betrifft.
Und ein sicheres Blatt für eine reibungsfreie - und endlich einmal wieder volle fünfjährige - Zusammenarbeit ist die FPÖ für Kurz auch nicht. Bisher hat noch keine einzige Koalition, an der die FPÖ beteiligt war, über die volle Legislaturperiode gehalten - weder die mit der SPÖ von 1983 bis 1986, noch die mit der ÖVP von 2000 bis 2002 und dann von 2002 bis 2005 (bis 2006 blieb nur das abgespaltete BZÖ in der Regierung).
Premiere für Dreierkoalition im Bund
So scheint es gut möglich, dass Kurz sich - trotz allem Werben der FPÖ - nach einem neuen Partner umschaut. Wobei ein Partner höchstwahrscheinlich nur dann reicht, wenn er die Große Koalition wieder aufnimmt. Für die hat Kurz bisher jedoch keine Sympathie gezeigt. Gleich nachdem er 2017 die ÖVP übernahm kündigte er die Zusammenarbeit mit der SPÖ und deren Kanzler Christian Kern auf und rief die Neuwahl aus. Jetzt wäre Kurz freilich Kanzler - und die SPÖ müsste sich erstmals seit der Periode 1962-1966 damit zufriedengeben, "nur" den Vizekanzler bzw. die Vizekanzlerin zu stellen.
Andere Mehrheiten für Zweier-Koalitionen dürfte die Wahl - wenn die Umfragen stimmen - nicht bringen. Womit Kurz nur noch die Möglichkeit bliebe, erstmals eine Bundesregierung aus drei Parteien - mit den Grünen und NEOS - zu bilden. Für die beiden kleinen Parteien wäre es ihre Regierungspremiere im Bund.
In den Ländern haben sie schon Erfahrung gesammelt. In Salzburg gibt es seit 2018 auch schon eine Dreier-Kombi von ÖVP, Grünen und NEOS. Für die Pinken ist das ihre erste Koalitionsrolle. Die Grünen haben schon einiges aufzuweisen, aktuell sind sie auch in Tirol und Vorarlberg kleiner Koalitionspartner der ÖVP und in Wien jener der SPÖ. (apa)