Noch ist nicht klar, wie groß die Mehrheit von Türkis-Grün im Nationalrat sein wird. Im Bundesrat gibt es jedenfalls gar keine Mehrheit. Doch auch dort braucht jeder Gesetzesentwurf eine Mehrheit. Allerdings kann der Nationalrat bei einem Veto einen Beharrungsbeschluss fassen und dadurch Gesetze gegen den Willen des Bundesrates beschließen.
Diese Situation wäre nicht neu. So hatte etwa die SPÖ in Zeiten der Absoluten im Bundesrat keine Mehrheit, und zuletzt gab es zwischen 2005 und 2006 unter ÖVP-BZÖ keine Mehrheit für Regierungsparteien im Bundesrat.
Doch nicht jede Koalition in der Vergangenheit ist als Schablone für die Jetztzeit zu gebrauchen. Sollten sich Türkis und Grün tatsächlich auf eine Zusammenarbeit verständigen, dann würden zentrale Reformbereiche einer solchen Allianz Länderkompetenz berühren. Dafür braucht es nicht nur eine Zwei-Drittel-Mehrheit, sondern in diesen Fällen hat der Bundesrat auch eine absolute Vetomöglichkeit. Das war in der vergangenen Periode erstmals in der Zweiten Republik der Fall, als die Ökostromförderung von der SPÖ im Bundesrat mit ihrem Veto abgelehnt wurde.
Gerade in Feldern, die für ein Klimaschutzpaket wichtig sind, werden Länderinteressen berührt. Das betrifft den Agrarbereich, die Wohnbauförderung, die Raumordnung und zum Teil auch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs.
Belastung für Bundesrat
Peter Bußjäger, Verfassungsrechtler an der Uni Innsbruck, verweist auch auf das Ölkesseleinbauverbotsgesetz, das erst kürzlich vom Nationalrat beschlossen wurde und nun im Bundesrat liegt. "Auch ein Informationsfreiheitsgesetz, das die Grünen sicher fordern werden, greift in Länderkompetenzen ein", sagt Bußjäger. Diese Situation wäre nicht nur für eine Regierung herausfordernd. "Wenn der Bundesrat zu oft von dem Veto Gebrauch macht, stellt er sich auch selbst infrage", so Bußjäger. Es ist anzunehmen, dass bei einem Konflikt zwischen National- und Bundesrat die Debatten über die Sinnhaftigkeit des Bundesrats aufflammen werden.
Da die Länderkammer über die Landtage beschickt wird, dürfte sich an der Zusammensetzung in den nächsten Monaten einiges ändern. Vorarlberg und das Burgenland entsenden jedoch nur je drei Mandatare in den Bundesrat, in der Steiermark sind es neun. Dennoch ist nicht zu erwarten, dass sich schon nach diesen drei Wahlen die Mehrheitsverhältnisse verändern. Türkis-Grün liegt bei 24 Mandaten, sechs weitere wären für eine Mehrheit im 61-köpfigen Bundesrat nötig. Diese könnte mit der Wien-Wahl, voraussichtlich im Herbst 2020, erreicht sein.
Änderungen von Verfassungsgesetzen brauchen freilich auch im Nationalrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Für diese wären ÖVP und Grüne auf die FPÖ oder die SPÖ angewiesen. Mit den Neos wäre eine Verfassungsmehrheit nicht gegeben.