Wien. Die Sektkorken knallen. Euphorisch ist man in der sogenannten Neosphäre, einem Dachgeschoß-Raum in Neubau, am Mittwoch. "Fix, Oida!", poltert Beate Meinl-Reisinger, die Spitzenkandidatin der Neos. Gemeint ist, dass die liberale Neos-Partei bei den Nationalratswahlen antreten wird. Die 500 Unterstützungserklärungen für Wien haben sie seit Dienstag zusammen. Freiwilligen-Teams klopften in den vergangenen Wochen an 10.000 Haustüren, um Überzeugungsarbeit zu leisten. Jetzt stehen die Bundesländer an. Für die neue Partei heißt es nun weiter Klinken putzen, um die nötigen Stimmen gesammelt zu haben, um im September tatsächlich antreten zu können.

Seit 2012 mischen sie die Innenpolitik auf. Oder sie versuchen es. Sie sind liberal, gebildet, urban. Auf die Wahlkampf-Fahnen geschrieben haben sich die Neos die Themen Generationen-Gerechtigkeit, gerechte Pensionen und Bildung - insbesondere die Schul-Autonomie. Die Juristin Beate Meinl-Reisinger tritt neben dem Unternehmer und Aktivisten Niko Alm, Michael Pock vom kooperierenden Liberalen Forum und Claudia Gamon von den Jungen Liberalen für die Liste Wien an. "Politisch sehen wir uns als Jamaica: schwarz, grün, gelb", sagte Meinl-Reisinger - je ein Drittel der 550 Mitglieder seien ehemalige ÖVP- und Grün-Wähler sowie "heimatlose Liberale".

Das Team Wien ist jung. Gamon ist erst 24, Alm mit 37 der Älteste - und als jung will es auch erscheinen: "Wir sind die nächste Generation", so Meinl-Reisinger. Die gebürtige Wienerin und Spross einer Ärztefamilie wuchs in der Innenstadt auf. Heute hat sie zwei Kleinkinder und lebt in Alsergrund. Aber auch die "lebendigere" Leopoldstadt würde sie als Wohnbezirk reizen. "Der urbane Raum ist ganz wesentlich als Wählerpool", sagt Meinl-Reisinger. Man wolle aber nicht ganz auf den ländlichen Raum verzichten. Wien sei "teuer, aber gut verwaltet". Nachsatz: "Vielleicht ein bisschen zu viel verwaltet." Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" gibt sie sich genervt über die "unerträgliche Scheinpartizipation" bei der Wiener Volksbefragung.

Grüne Ansätze

Notwendig für Wien wäre zudem der Ausbau von Öffis und Carsharing-Angeboten. Dass es in Wien auch Leute gibt, die freiwillig auf ihr Auto verzichten, habe die verkrustete ÖVP bis heute nicht verstanden, so Meinl-Reisinger. "Als Liberale wollen wir natürlich kein Auto verbieten, aber das Auto ist kein Zukunftskonzept für die Stadt." Alm plädiert für ein flächendeckendes Parkpickerl.

Das Wahlkampfbudget der Partei beträgt derzeit 744.000 Euro. Weitere Zusagen gibt es von Unternehmer Peter Haselsteiner. Niko Alm ist sich sicher: "Wir werden fünf Jahre im Parlament überleben." Dazu müssen die Neos im September die Vier-Prozent-Hürde überwinden.

Bei der Abgabe der Unterschriften-Listen bei der Wahlbehörde traf man das Team Stronach. Stronach spreche "nicht unwesentliche Themen an", sei aber ein "Hype ohne Zukunft", so Meinl-Reisinger. Botschaft und Botschafter passten nicht zusammen, beim Thema EU verstehe man sich gar nicht. Die Neos wollen eine stärkere Europäisierung vorantreiben, das Team Stronach will sogar aus dem Euro aussteigen.

Die Piraten, die ebenfalls einen Einzug in den Nationalrat anstreben, sieht Meinl-Reisinger als "einen grundsätzlich sympathischen, aber chaotischen Haufen". Alm sieht das anders: "Ich halte sie für nicht so zerstritten wie dargestellt." Grundsätzlich sei aber das Verhältnis zu den Piraten das beste.

Gerhard Hager vom Wiener Landesvorstand der Piraten sieht hingegen keine Ähnlichkeiten mit den Neos - außer vielleicht in der Frage des Datenschutzes. "Eine neoliberale Partei mit rosa Anstrich", sagt er nüchtern.