Wien. Ab sofort können sich die Parteien ganz auf den Wahlkampf gegeneinander konzentrieren. Denn die parteiinterne Schlacht um die aussichtsreichen Listenplätze ist seit Mitternacht geschlagen. Zu sehen bekommen wird man im Herbst im Hohen Haus jede Menge neue Gesichter. Der von manchen erwartete Promi-Ansturm bleibt aber aus. Bekanntestes neues Gesicht im Nationalrat wird wohl Magna-Gründer Frank Stronach sein, sollte er mit seiner Liste den Einzug schaffen und sich dann tatsächlich zumindest zeitweise auch im Hohen Haus niederlassen.
Überhaupt ist das Team Stronach jene Partei, über deren Listen die meisten Quereinsteiger ins Parlament kommen dürften. Sehr wahrscheinlich ist der erstmalige Parlamentseinzug der ehemaligen ORF-Generaldirektorin Monika Lindner, die bisher als überzeugte ÖVP-Parteigängerin gegolten hatte. "Agrarrebell" Leo Steinbichler, der es unter anderem schon mit Fritz Dinkhauser versucht hatte, kann sich ebenfalls gute Chancen ausrechnen. Ein gutes Stronach-Wahlergebnis haben der frühere ATV-Chef Tillmann Fuchs, der ehemalige "Ö3-Aufwecker" Harry Raithofer, Miss World im Ruhestand Ulla Weigerstorfer, Ex-ORF-Kärnten-Landesintendant Willy Haslitzer und der frühere Sicherheitsbüro-Chef Max Edelbacher nötig, wenn sie im Hohen Haus einen Sitz erobern wollen.
Salzburger JVP-Chef Asdin El Habbassi kandidiert
Die ÖVP, die ja bekanntlich die Wirtschaft entfesseln will, hat eine entsprechende Auswahl bei den Neueinsteigern getroffen. Die langjährige Raiffeisen-Managerin Michaela Steinacker hat ihr Mandat ebenso sicher wie der Obmann des Pensionskassen-Fachverbandes Andreas Zakostelsky. Mit dem Salzburger JVP-Chef Asdin El Habbassi wird erstmals ein Moslem in einen ÖVP-Klub einziehen.
Die anderen Parteien geizen ein wenig mit prominenten Neueinsteigern. Die Kanzlerpartei SPÖ ermöglicht dem Vorsitzenden der früheren Metaller-Gewerkschaft vida, Rainer Wimmer, ein Comeback im Nationalrat und schickt ein Signal an die Jugend, indem die Vorsitzende der Jungen Generation, Katharina Kucharowits, mit einem sicheren Listenplatz versehen wurde. Bei gutem Wahlverlauf in der Steiermark sollte es auch der Chef der zweiten SP-Jugendorganisation, SJ (sozialistische Jugend), Wolfgang Moitzi, ins Parlament schaffen. Auf einem wackligen Listenplatz steht der Tiroler SPÖ-Chef Gerhard Reheis. Kommt er nach Wien, könnte es in seiner Landespartei eine komplette Neuaufstellung geben.
Rosenkranz kehrt zurück
Bei der FPÖ will man zuletzt mäßig erfolgreiche Landeschefs ebenfalls mit Nationalratsmandaten trösten. Barbara Rosenkranz kehrt aus Niederösterreich nach Wien zurück, Gerald Hauser möglicherweise aus Tirol, allerdings wackelt in zweiterem Fall das Mandat. Zurück nach Wien darf auch der Vorarlberger Reinhard Bösch, auch schon fast ein Urgestein, das vor fünf Jahren bei der letzten Wahl in Ungnade gefallen war. Gewisse Chancen hat zudem Petra Steger, ihres Zeichens Basketball-Nationalspielerin und Tochter von Ex-Vizekanzler Norbert Steger.
Die Grünen bringen die ehemalige Vorsitzende der Hochschülerschaft Sigrid Maurer praktisch fix in den Nationalrat. Gleiches gilt für ihren näheren Landsmann Georg Willi, über viele Jahre Galionsfigur der Tiroler Grünen.
BZÖ ohne Promis
Bleiben jene Listen, deren Einzug unsicher ist. Das BZÖ muss oder will auf Promis verzichten. Schafft es das Bündnis noch einmal in den Nationalrat, dürften es Nobodys wie die Angestellte Michaela Hatvan und Anwalt Alexander Scheer, angeblich Jörg Haiders einziges Patenkind, ins Parlament schaffen. Bei den Neos könnten im Fall der Fälle bekannte Gesichter mit Parteichef Matthias Strolz, dem Expräsidenten der Österreichischen Hoteliervereinigung und Stargastronom Sepp Schellhorn sowie Niko Alm, einer der Initiatoren des Anti-Kirchenprivilegien-Volksbegehrens, einziehen.
Viele prominente Abgänge
Mindestens so prominent wie die erwarteten Neuen sind jene Abgeordnete, die dem Hohen Haus nicht mehr angehören. Unter die schwarz-blaue bzw. orange Ära wird mit der Wahl am 29. September personell ein Schlussstrich gezogen, da wohl sämtliche ehemaligen Spitzenfunktionäre künftig nicht mehr dem Nationalrat angehören. Noch dazu treten zahlreiche bekannte Bereichssprecher vor allem in der ÖVP in den Ruhestand. Andere sind in ihren Parteien in Ungnade gefallen und bekamen unsichere oder gar keine Listenplätze.
Den größten Aderlass an langjährigen Parlamentariern gibt es im ÖVP-Klub, wo unter anderen der Zweite Nationalratspräsident Fritz Neugebauer, Finanzsprecher Günter Stummvoll, Ex-Staatssekretärin Christine Marek, Wissenschaftssprecherin Katharina Cortolezis-Schlager, Familiensprecherin Ridi Steibl, der langjährige Obmann der Bauernversicherung Karl Donabauer, Ex-JVP-Chefin Silvia Grünberger und Ex-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein großteils freiwillig den Rückzug antreten.
Mit Bartenstein verlassen auch die zwei anderen noch verbliebenen Minister aus der Ära Schüssel den Nationalrat. Ex-Verteidigungsminister Herbert Scheibner kandidiert beim BZÖ aus freien Stücken ebenso an unwählbarer Stelle wie die frühere Sozialministerin Ursula Haubner. Mini-Chancen auf der BZÖ-Liste hat noch Ex-Sozialstaatssekretär Sigisbert Dolinschek. Der freiheitliche Klubchef unter Schwarz-Blau Peter Westenthaler tritt ab in Richtung Privatwirtschaft.
Haberzettl und Csörgits gehen
Bei der SPÖ gehen der ehemalige Vorsitzende der SP-Gewerkschafter (FSG) Wilhelm Haberzettl sowie die frühere ÖGB-Frauenchefin Renate Csörgits, ebenso Langzeit-Mandatare wie Kurt Gaßner und Kurt Gartlehner. Kämpfen heißt es für den umtriebigen Salzburger Johann "Jacky" Maier und die Oberösterreicherin Sonja Ablinger, die sich gerne als Abweichlerin von der Parteilinie positioniert und letztlich auf den Good Will der Partei hoffen muss.
Die bekanntesten Abgänge bei der FPÖ sind der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf und die ehemalige rechte Hand von FP- und BZÖ-Chef Jörg Haider, Martin Strutz. Erwischen könnte es auch die wegen ihrer islamfeindlichen Äußerungen umstrittene Steirerin Susanne Winter.
Am wenigstens dürfte sich bei den Grünen tun. In deren Klub fehlen wird freiwillig der bisherige Wissenschaftssprecher Kurt Grünewald. Nur mit Kampfmandaten ausgestattet sind Behindertensprecherin Helene Jarmer und Sozialsprecher Karl Öllinger.
Schafft es das BZÖ nicht, heißt es auch Abschied nehmen von Bündnischef Josef Bucher. Gleiches gilt für Stefan Petzner.