"Wiener Zeitung": Herr Stronach, sind Sie eigentlich ein religiöser Mensch?
Frank Stronach: Religiös . . . Ich glaube an irgendetwas Gutes. Wie Gott ausschaut, ob er ein Mann ist oder eine Frau, alt oder jung, das weiß ich nicht. Das ist auch gut, dass man das nicht weiß. Hinter meinem Haus ist ein Wald, da geh ich öfters hin, setze mich auf einen Baum und spreche ein leises Gebet.
Wir fragen, weil es doch von einem gewissen Gottvertrauen zeugt, mit 80 Jahren in die Politik einzusteigen und eine Partei zu gründen. Wie lange wird Ihre Energie für dieses Projekt noch reichen?
Noch für viele Jahre, im Moment fühle ich mich sehr gesund. Tatsächlich fragen mich viele Freunde, warum ich mir das antue, warum ich mich in der Politik engagiere.
Können Sie sich das Team Stronach ohne Stronach vorstellen?
Ja sicher, um das dreht sich ja alles. Ich habe 400 Firmen weltweit aufgebaut, 200 davon habe ich nie gesehen, aber sie funktionieren gleich wie die erste. Das System muss passen, wir sind alle ein Produkt des Systems, deswegen wird es auch ein Team Stronach nach mir geben.
Denkbar, dass sich das Team Stronach eines Tages umbenennt?
Nein. Das ist eine Marke, die für Wahrheit, Transparenz und Fairness steht, und ich bin diesen Prinzipien jetzt seit bald 50 Jahren immer treu geblieben.
Werden Sie diese Ihre Marke finanziell absichern?
Das brauche ich nicht, das System muss immer stärker sein als jede einzelne Person. Und die Partei muss irgendwann auf eigenen Füßen stehen können.
Woher nehmen Sie die Gewissheit, dass Ihre politischen Erben sich nicht einen neuen Namen geben?
Weil das gegen das Prinzip der Wahrheit verstoßen würde. Alle in der Partei müssen sich einem Ehrenkodex unterwerfen.
Wenn man sich Ihre Landesparteien in Niederösterreich und Salzburg betrachtet, ist deutliche Nähe zur ÖVP spürbar. Stört Sie das, schließlich haben Sie Landeshauptmann Pröll massiv attackiert?
Ich habe immer gesagt, dass ich auf die Landesparteien keinen Einfluss nehmen möchte, die sollen das machen, was sie glauben, dass das Beste für die Bürger ist.
In Niederösterreich hat ein Kurswechsel der Landespartei allerdings Ihrem Vertrauensmann den Kopf als Klubobmann gekostet.
Das wird sich noch herausstellen, aber das sollte auch nicht das Thema sein, ich trete jetzt bei Nationalratswahlen an, auf Bundesebene werden auch die entscheidenden Fragen entschieden.
Welche Regierung wünschen Sie sich für das Land nach den Wahlen am 29. September?
Am besten wäre eine Alleinregierung des Team Stronach, und wenn sich das nicht ausgeht, dann müssen wir weitersehen.
Wer wäre Ihr Lieblingspartner?
Wichtig ist: Wir sind weder links noch rechts, wir sind an der Sache interessiert, deshalb werden wir auch mit allen Parteien reden. Aber wir haben starke Grundprinzipien, die nicht verhandelbar sind.
Welche Punkte Ihres Programms sind nicht verhandelbar?
Keine neuen Schulden, sondern ein ausgeglichenes Budget mit kleinem Überschuss.
Bereits für das Budget 2014? Der bestehende Budgetpfad sieht ein Nulldefizit erst für 2016 vor - das wollen Sie also aufschnüren?
Ja natürlich, weil SPÖ und ÖVP keinen Plan haben, nichts von Wirtschaft verstehen. Einstein sagt: "Dummheit ist, wenn man immer dasselbe macht und erwartet, dass etwas anderes herauskommt." Wir haben gewaltige Strukturfehler, viel zu viele Schlupflöcher, wir müssen das Steuersysteme so vereinfachen, dass es keine Grauzonen, keine Privilegien und keine Schlupflöcher mehr gibt. Und: Die Gruppenbesteuerung, die ermöglicht, dass Verluste von Auslandstöchtern im Inland abgeschrieben werden können, muss abgeschafft werden. Wer im Ausland investiert, soll im Inland den vollen Steuersatz bezahlen. Für uns gilt deshalb: Wir werden für das Budget 2014 kein Defizit akzeptieren. Das ist eine fixe Koalitionsbedingung.
Im Gegensatz zu den ersten Wochen Ihrer Kandidatur sind Sie sehr schweigsam zum Thema Europa und Euro geworden . . .
Überhaupt nicht. Wir sind für ein starkes Europa, für den freien Personen- und Güterverkehr. Dumm ist es, eine gemeinsame Währung zu haben, das macht wirtschaftlich keinen Sinn. Jedes Land sollte seinen eigenen Euro haben, das könnte jeder nach seiner Notwendigkeit auf- oder abwerten, ein österreichischer Euro wäre dann zwangsläufig mehr Wert als ein griechischer.
Ist das ebenfalls eine Koalitionsbedingung?
Ja, weil der Euro dient den österreichischen Bürgern nicht.
Damit schließen Sie faktisch jegliche Regierungsbeteiligung aus, weil weder SPÖ noch ÖVP den Budgetpfad ändern oder den "österreichischen Euro" einführen.
Schauen wir, es kommt, wie es kommt. In Österreich fehlt es an guter Aufklärung, die Leute werden bewusst im Dunkeln gelassen. Die ÖVP ist eine reine Banken-, eine Raiffeisenpartei, und die SPÖ hat die Arbeiter verraten, weil sie der Eurorettung zugestimmt haben, das wird am Ende den Arbeitern und Pensionisten auf den Kopf fallen. Aber die jetzigen Machterhalter kontrollieren fast alle Medien, Eure Zeitung ist ja eine SPÖ-Zeitung. Wir alle wissen, wenn man in Wien kein rotes Parteibuch hat, dann kommt man nicht weiter. In Euren Herzen wisst Ihr das sehr wohl.