Wien. Keine Atempause gönnen sich die beiden Großparteien: am Tag nach der Nationalratswahl wurde sofort mit dem Analysieren der Ergebnisse begonnen. Die stimmenstärksten Parteien SPÖ (27,1 Prozent) und ÖVP (23,8 Prozent) haben beide ein Minus eingefahren, zusammen aber nach wie vor Mehrheit. Bundeskanzler SPÖ-Chef Werner Faymann sprach sich am Montag für eine Fortführung der Großen Koalition aus, während sich die ÖVP noch alle Optionen offen halten will. SPÖ-Bildungsministerin Claudia Schmied kündigte indes ihren Rückzug aus der Politik an.
Regierungsauftrag spätestens Anfang nächster Woche
Am Dienstag wird die bisherige Regierung im Ministerrat formal ihren Demission beschließen. Unmittelbar darauf werden die Mitglieder der Regierung über den Ballhausplatz in die Präsidentschaftskanzlei gehen und dort dem Bundespräsidenten ihren Rücktritt anbieten. Heinz Fischer wird dies annehmen, die Regierung jedoch mit der Fortführung der Amtsgeschäfte betrauen, bis eine neue Regierung im Amt ist. Ende dieser Woche oder spätestens Anfang nächster Woche wird das Staatsoberhaupt dann den Auftrag zur Bildung einer neuen Bundesregierung erteilen, aller Voraussicht nach Faymann.

Mit der FPÖ will Faymann nicht verhandeln
Und dieser machte auch am Montag klar, dass er nur mit der ÖVP verhandeln möchte - Dreierkoalitionen lehnt er ab, mit der FPÖ will er nicht. Nötig für eine Neuauflage von rot-schwarz sei aber eine "höhere gemeinsame Disziplin", meinte der Kanzler. Die Partei hat er dabei per Beschluss hinter sich: "Fast alle" Präsidiumsmitglieder seien dafür eingetreten, eine Zweier-Koalition mit der Volkspartei zu verhandeln, gab Faymann nach einer gut dreistündigen Aussprache bekannt. Auf einen genauen Zeithorizont für die Koalitionsgespräche ließ sich Faymann nicht ein. Personelle Weichenstellungen wurden noch keine getroffen.
Den Österreichern wäre laut einer Umfrage von Peter Hajek für ATV übrigens auch eine SPÖ-ÖVP-Regierung am liebsten - 23 Prozent der Befragten wünschen sich das. Mehrere SPÖ-Promis nutzten am Montag so oder so die Gelegenheit, um vor einer Koalition aus Volkspartei, FPÖ und Team Stronach zu warnen, darunter etwa Wiens Bürgermeister Michael Häupl oder Finanzstaatssekretär Andreas Schieder.
Ausgeschlossen wurde eine solche Variante seitens der ÖVP auch am Montag nicht. Zwar hatte sich der einflussreiche niederösterreichische Landesparteichef Erwin Pröll bereits am Wahlabend für eine Neuauflage der Großen Koalition ausgesprochen, andere Parteigranden plädierten jedoch dafür, sich auch Alternativen offen zu halten.
So sprach sich am Montag der Kärntner Landesparteichef Gabriel Obernosterer für eine schwarz-blaue Zusammenarbeit mit einem dritten Partner aus, und der oberösterreichische Landeschef Josef Pühringer meinte, die ÖVP müsse schon aus strategischen Gründen "alle Optionen offen lassen". Für den Wiener ÖVP-Chef Manfred Juraczka wäre es "interessant", neue Parteien wie etwa die NEOS in eine künftige Regierung einzubinden. Gelegenheit zur ausführlichen Diskussion - nicht nur über die Zukunft, sondern auch über die Gründe für das Minus bei der Wahl - hatten die Schwarzen Montagnachmittag bei einer Vorstandssitzung.
Neos: " Sie brauchen dringend Hilfe."
Feierstimmung herrschte dagegen auch am Montag noch bei der Überraschung des Wahlabends, den Neos, die es mit 4,8 Prozent auf Anhieb ins Parlament schafften. Unternehmer Hans-Peter Haselsteiner, der die Partei unterstützt, bezeichnete das Ergebnis als "eine kleine Sensation". Ziel sei es nun, mit SPÖ und ÖVP in Verhandlungen über eine Dreierkoalition treten zu können, sagte Parteichef Matthias Strolz im APA-Interview nach einer Sitzung des Parteivorstands. "Sie können nicht so tun, als wäre nichts passiert. Sie brauchen dringend Hilfe." Eine mögliche Koalition aus ÖVP-FPÖ-Neos schloss der Vorarlberger aus.
Klare Aussagen, was sich das Team Stronach nun vorstellt, waren bisher nicht zu erhalten. Die Partei wollte am Montag "in Ruhe" das Ergebnis - das mit 5,8 Prozent unter den Erwartungen lag - besprechen. Konsequenzen würden heute noch keine getroffen, wie Frank Stronach Montagfrüh am Magna-Firmensitz in Oberwaltersdorf der APA sagte. Überhaupt auf Tauchstation ging das BZÖ, das am Sonntag aus dem Nationalrat geflogen war. Wie es nun mit dem Bündnis weitergehen soll, dazu wollte man sich noch nicht äußern. Klar ist, dass die Partei für 2013 noch öffentliches Geld erhält, damit ist erst 2014 Schluss.
Langsam klarer wird, wer im neuen Nationalrat sitzen wird - und wer nicht. So wird sich etwa der langjährige Grüne Abgeordnete Karl Öllinger höchstwahrscheinlich verabschieden müssen, er kann nur noch auf die Vorzugsstimmen hoffen.
Endgültiges Endergebnis am Abend erwartet
Spannend dürfte es noch einmal Montagabend werden: Die Briefwähler könnten die gestern, Sonntag, ausgewiesenen Mandatsstände nämlich noch kräftig verändern. Die Bezirkswahlbehörden waren am Montag damit beschäftigt, rund 548.000 Wahlkarten auszuzählen, die für die Briefwahl verwendet wurden. Das Ergebnis wird im Lauf des Abends vorliegen. Am Donnerstag wird das Ergebnis dann ein weiteres Mal adaptiert - und zwar mit der Auszählung der Wahlkarten, die am Sonntag in fremden Wahlkreisen abgegeben wurden. Dies werden deutlich weniger sein als die Briefwahl-Stimmen.