Wien. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) ist am Sonntagabend unter dem Jubel seiner Parteianhänger im Festzelt vor der Wiener Löwelstraße eingetroffen. Faymann zeigte sich vor Journalisten mit dem Wahlergebnis sehr zufrieden: "Der erste Platz ist nicht selbstverständlich." Er verspüre eine "große Dankbarkeit" gegenüber dem Wähler, so Faymann. Der SPÖ-Vorsitzende kündigte an, im Falle eines Regierungsbildungsauftrags mit der ÖVP entsprechende Verhandlungen zu suchen.

Die SPÖ stellt angesichts des bei der Nationalratswahl verteidigten ersten Platzes erneut den Kanzleranspruch. Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos bezeichnete das Wahlergebnis als "Auftrag der Wählerinnen und Wähler, dass die SPÖ die Regierung bilden und der nächste Bundeskanzler wieder Werner Faymann heißen soll". Angesichts der vielen angetretenen Parteien habe die Partei ein "respektables Ergebnis" erzielt.

Im ORF-Fernsehen meinte Darabos, seit Ausbruch der Wirtschaftskrise seien 20 von 27 europäischen Regierungen abgewählt worden. SPÖ und ÖVP seien dagegen zumindest von den Mehrheitsverhältnissen her nicht abgewählt worden, das sei ein gutes Zeichen. Nun werde man sehen, welche Koalitionen möglich seien.

"Natürlich hätten wir uns ein besseres Ergebnis gewünscht"
"Enttäuscht" zeigte sich indes Tirols Landeshauptmann und ÖVP-Chef Günther Platter: "Natürlich hätten wir uns auf Bundesebene ein besseres Ergebnis gewünscht", erklärte er in einer ersten Reaktion.

Ansonsten stärkt die ÖVP ihrem Chef und Vizekanzler Michael Spindelegger den Rücken: Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner sah in ihm freilich den richtigen Spitzenkandidaten, Agrarminister Nikolaus Berlakovich ebenfalls einen hervorragenden Kandidaten. Justizministerin Beatrix Karl wertete die ersten Zahlen als Zeichen, dass die Menschen nun eine echte Reformregierung erwarten.

Auf die Frage, ob das Wahlziel verfehlt wurde, meinte Mitterlehner, die ÖVP habe einen respektablen Wahlkampf geführt. Es habe eine gute Mobilisierung stattgefunden, mit dem Ergebnis werde man sich in den Gremien beschäftigen müssen. Eine Obmanndebatte lehnt er ab, die ÖVP habe mit Spindelegger den richtigen Spitzenkandidaten gehabt.

Beatrix Karl wertete das Ergebnis als Zeichen, dass die Menschen eine echte Reformregierung erwarten. Man müsse es ernst nehmen und genau anschauen: "Ich deute das Signal so, dass Reformen anzugehen sind." Über mögliche Koalitionsvarianten nachzudenken, sei zu früh. Zum steirischen Ergebnis meinte sie, man müsse berücksichtigen, dass das Team Stronach im Vergleich zu anderen Bundesländern in der Steiermark sehr stark ist und vom BZÖ seien offenbar stimmen zurück zur FPÖ gegangen. Als Ohrfeige für die sogenannte Reformpartnerschaft werte sie das Ergebnis in der Steiermark nicht: "Ich war landauf, landab unterwegs und nur ein Bürger sprach mich darauf an."

Agrarminister Nikolaus Berlakovich meinte, dass das ÖVP-Ziel "Kanzlerwechsel" ein sehr ehrgeiziges gewesen sei: "Erfreulich ist lediglich, dass die SPÖ mehr verloren hat." Es habe sich gezeigt, dass die Arbeit der Regierung nicht angekommen sei. Er wolle jetzt das Endergebnis abwarten, Spindelegger war für ihn jedenfalls ein "hervorragender Kandidat". Seine persönliche Zukunft sei heute am Wahlabend nicht das Thema. Er würde jedenfalls weiter zur Verfügung stehen.

Kein Kommentar von Finanzministerin Fekter
Die Stimmung im Festzelt vor der Parteizentrale war verhalten. Finanzministerin Maria Fekter wollte sich auch nach Vorliegen der ersten Hochrechnung noch nicht äußern.

Ostermayer sieht Ziel der SPÖ erreicht
Staatssekretär Josef Ostermayer hat sich mit dem Ergebnis der SPÖ bei der Nationalratswahl zufrieden gezeigt. "Das Ziel ist erreicht", sagte Ostermayer der APA in der Parteizentrale in der Wiener Löwelstraße. Der Staatssekretär kündigte an, die Koalition mit der ÖVP fortsetzen zu wollen. Bundeskanzler Werner Faymann werde mit der Regierungsbildung beauftragt, und somit sei dies die logische Konsequenz.

Angesichts der Tatsache, dass in Europa aufgrund der Wirtschaftskrise 20 von 27 Regierungschefs abgewählt worden seien, müsse man mit dem Ergebnis zufrieden sein. "Werner Faymann hat als erster seit Franz Vranitzky zwei Wahlen hintereinander für die SPÖ gewonnen", meinte Ostermayer.