Wien. Wie in der österreichischen Verfassung verankert, hat die aktuelle Regierung nach der Nationalratswahl dem Bundespräsidenten ihren Rücktritt angeboten. Heinz Fischer nahm an und betraute die aktuelle Regierung gleichzeitig Dienstagmittag mit der Fortführung der Amtsgeschäfte, bis eine neue Regierung im Amt ist.
Nachdem die Regierung in einem kurzen Ministerrat formal ihre Demission beschlossen hatte, wanderten die Regierungsmitglieder kurz vor 12 Uhr über den Ballhausplatz in die Präsidentschaftskanzlei, wo Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) dem Staatsoberhaupt den Rücktritt anbot. Damit die derzeitigen Regierungsmitglieder aber vorerst weiterarbeiten können, mussten sie gemäß Verfassung erneut angelobt werden. Per Handschlag und Unterschrift bekräftigten sie das Gelöbnis. Fischer gratulierte und wünschte eine "sehr gute Zusammenarbeit". Nach einem kurzen Empfang kehrten die Minister dann zurück ins Kanzleramt, um einen regulären Ministerrat abzuhalten.
Einzelgespräche
Nun folgen die Einzelgespräche zwischen Fischer und den Chefs der in Zukunft im Nationalrat vertretenen Parteien. Das erste Treffen findet noch Dienstagnachmittag mit Bundeskanzler Werner Faymann statt. Das nächste Gespräch führt Fischer mit Michael Spindelegger (ÖVP) und im Laufe der Woche mit den anderen Parteichefs.
Danach wird der Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. Für gewöhnlich bekommt ihn die Partei mit den meisten Stimmen - in dem Fall SPÖ-Chef Faymann. Damit ist frühestens am Freitag zu rechnen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit möchte Fischer das endgültige Ergebnis nach der Zählung der Wahlkarten am Donnerstagabend abwarten, wodurch der Termin auf kommende Woche verzögert werden könnte.
Fischer fordert Reformen
Die Wunschregierung des Bundespräsidenten ist meist schon vorab erkennbar. Dass Fischer die Große Koalition bevorzuge, machte er bereits am Wahlsonntag klar. Diese "Zweierkoalition"-Präferenz bestätigte er im Interview mit Ö1 am Montag erneut, womit nur SPÖ und ÖVP gemeint sein durften. Er betonte jedoch, die Koalition, die ein "komplexes Bündnis" darstelle, müsse in den kommenden fünf Jahren einen "Ruck nach vorne" machen und Reformen beschließen.
Über die Dauer der Koalitionsverhandlungen lässt sich nur spekulieren. Im Durchschnitt waren es seit dem Jahr 1945 etwa 59 Tage, bis eine neue Regierung feststand. Der nächste offizielle Termin ist genau einen Monat nach der Wahl. Am 29. Oktober treffen sich die neuen Nationalratsabgeordneten erneut zu Beratungsgesprächen.