Linz. Die Grünen haben am Sonntag in Linz ihre neue Doppelspitze gekürt. Ingrid Felipe wurde mit 93,7 Prozent der Delegiertenstimmen zur neuen Bundessprecherin, Ulrike Lunacek mit 96,5 Prozent zur Spitzenkandidatin für die Nationalratswahl gewählt. Die beiden folgen der im Mai zurückgetretenen bisherigen Grünen-Chefin Eva Glawischnig nach, die beim Bundeskongress fehlte.
Felipe und Lunacek positionierten die Grünen in ihren Reden einmal mehr als Alternative zu einer FPÖ-Regierungsbeteiligung im Bund, warnten vor einem weiteren Rechtsruck in Österreich und zeigten sich überzeugt, "dass wir diese Wahl am 15. Oktober gewinnen können". Man wolle der Krisenstimmung, Lähmung und Angst in der Gesellschaft etwas entgegensetzen. Grüner Fokus sei es, dass es am 16. Oktober eine ökologische, soziale, pro-europäische Mehrheit mit starken Grünen in Österreich gibt.
Richtungsentscheidung für Österreich
"Gemeinsam können wir Österreich zu einem Land machen, in dem ein friedliches Zusammenleben in einer intakten Umwelt die wichtigste Staatszielbestimmung ist", sagte Felipe. "Die Streithanseln von den anderen Parteien hauen sich vor laufenden Kameras die Köpfe ein. Wir werden uns da nicht nur im Inhalt, sondern auch im Stil davon unterscheiden."
Ähnlich die frisch gekürte Spitzenkandidatin Lunacek: Sie bezeichnete die Nationalratswahl als "Richtungsentscheidung" für Österreich. "ÖVP und SPÖ sind in den letzten Monaten in einem atemberaubenden Tempo Richtung Rechts gerückt." Für die Grünen gehe es deshalb darum, Haltung zu zeigen: "Wir machen nicht blau." Demokratie und Rechtsstaatlichkeit würden derzeit in vielen Teilen Europas ausgehöhlt. "Ich kann nicht tatenlos zusehen, wie Österreich in Richtung Orban abdriftet."
Gegen Strache als Vizekanzler
Und sie wolle auch nicht mit ansehen, wie Österreich noch einmal den Preis einer schwarz-blauen Regierung bezahlt. "Dieser Preis war zu hoch." Die Grünen würden auch nicht zusehen, wie FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Vizekanzler oder Kanzler dieser Republik wird. Kritik gab es an SPÖ und ÖVP, die beide eine Koalition mit der FPÖ planten, und eine Extraportion Kritik für die "Schlagzeilenpolitik" von ÖVP-Chef Sebastian Kurz und seinen Vorstoß zur Schließung der Mittelmeerroute. "Man kann Menschen auf der Flucht nicht einfach abdrehen, wie man einen Wasserhahn abdreht. Das ist Vollholler", meinte Lunacek.
Felipe lag bei ihrem Abstimmungsergebnis am Bundeskongress hinter jenem ihrer Vorgängerin Glawischnig, die bei ihrer ersten Wahl zur Bundessprecherin der Grünen 2009 auf 97,4 Prozent der Delegiertenstimmen kam. Klar überflügeln konnte sie aber Alexander Van der Bellen, der 1997 bei seinem Einstand als Bundessprecher 82,3 Prozent erhielt und nur 2002 die 90-Prozent-Hürde überspringen konnte. Lunacek übertraf bei ihrer Wahl zur Spitzenkandidatin sowohl das Glawischnig-Ergebnis von 2013 (94 Prozent) als auch das beste Van der Bellen-Ergebnis von 2002 (95,2 Prozent).
Lunacek und Reimon im Bundesvorstand
Der Bundeskongress ging mit der Wahl von Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek in den Bundesvorstand der Partei zu Ende. Auch die Aufnahme von EU-Parlamentarier Michel Reimon in diese Runde wurde bestätigt.
Zuvor hatte der Bundeskongress die ersten 13 Plätze auf der Bundesliste für die Nationalratswahl bestimmt. Ursprünglich hätten es 14 sein sollen, aufgrund von Streichungen durch die Kandidaten war es letztlich einer weniger. Es hatte 17 Kandidaturen dafür gegeben. Als aussichtsreich galten Plätze ungefähr bis Rang neun.
Nicht auf die Liste schaffte es Sicherheitssprecher Peter Pilz, der vergeblich für Listenplatz vier kandidierte und dann aufgab. Weitere Nationalratsabgeordnete, die scheiterten, sind Budgetsprecher Bruno Rossmann und Kultursprecher Wolfgang Zinggl, der bereits bei der Wiener Listenerstellung durchgefallen war und sich im Konflikt um den Bau des Heumarkt-Hochhauses in Wien mit Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou angelegt hatte.