Möglich, aber nicht zwingend. Schließlich wird seit 25 Jahren jeder Wien-Wahlkampf - auch und besonders bei den Grünen - als Abwehrkampf gegen die FPÖ inszeniert. "Ein Fehler", findet Chorherr, und er höre von immer mehr Wählern, dass sie ebenfalls lieber wüssten, wohin die grüne Reise gehe.
Zum Kern der Grünen zählt auch ein unbedingtes Ja für eine immer engere Integration der Union. Dabei hat die Partei bei der EU-Volksabstimmung 1994 für ein Nein geworben. Gemeinsam mit der FPÖ. Heute plädieren die Grünen im Zweifel verlässlich für mehr Europa. Auch hier leistet sich Chorherr den Luxus eines Einspruchs: "Ich bin ein glühender Europäer, immer schon gewesen, aber ich glaube nicht an das Ziel einer einheitlichen Union." Den Nationalstaat hält aber auch er nicht für die zentrale Problemlösungsinstanz, weshalb er eine Umverteilung von Kompetenzen zugunsten der Städte prophezeit. "Dann kommt es zu schnellen und pragmatischen Lösungen, das werden wir noch erleben."
Was also ist die Quintessenz der Grünen? Chorherr: "Wir sind von der Breite her eine Volkspartei, obwohl uns derzeit nur 10 Prozent der Bürger wählen. Trotz unserer inhaltlichen Breite haben wir ein starkes Wertefundament und konsistente Antworten auf viele Fragen."
Das mag für viele, aber eben nicht für alle wichtigen Fragen gelten, wie die letzten Wochen zeigen. Die Folgen der neuen Unübersichtlichkeit drohen, ausgerechnet die Partei zu überfordern, die erst aus der Überforderung der alten Traditionsparteien mit der Moderne entstanden ist. Revolution und Retten als politisches Prinzip war schon einfacher.