"Wiener Zeitung": Welche Methoden gibt es bei der Umfrage?
Peter Hajek: Wir verwenden vier verschiedene Methoden: Telefonisch, Online, Face-2-Face und – was aber eher aus der Mode gekommen ist – Papier und Bleistift. Also die Befragten bekommen Zettel mit Fragen zugesandt und müssen ihn ausgefüllt zurückschicken. Wir machen einen Methodenmix, also zwei Drittel telefonisch, ein Drittel Online, weil da erreicht man die Jungen besser. Zum Vergleich: Vor 30 Jahren konnte man noch alle am Festnetz erreichen.
Ich sage es aber gleich vorab, es gibt nicht die alleinglückseligmachende Methode, das hängt von der Zielgruppe und dem Thema ab.
Wirkt sich der Methodenmix nicht auf die Umfrage aus?
Ja, das ist nicht unheikel. Denn Online kann jemand in aller Ruhe die Fragen beantworten, telefonisch steht man mehr unter Druck. Das ist ein anderes Setting.
Was wird bei der Sonntagsfrage gefragt?
Angenommen, nächsten Sonntag wären Nationalratswahlen, welcher Partei würden Sie ihre Stimme geben? Aber die empirische Sozialforschung ist keine Naturwissenschaft und deshalb kann sie nicht exakt messen. Das ist nur ein politisches Fieberthermometer. Wir können nur aussagen, ob der Unterschied etwa zwischen ÖVP und SPÖ signifikant ist – das sagt jedoch noch nicht aus, wie groß er ist.
Ist die Sonntagsfrage dann hilfreich?
Die Sonntagsfrage misst gut im Sinne der Trends. Die Ergebnisse liegen in 8 von 10 Fällen innerhalb der Schwankungsbreite.
Was sagt die Schwankungsbreite eigentlich aus?
Die Schwankungsbreite ist eine statistische Messgröße. Die Statistik gibt sie vor, ich kann sie nicht weglassen. Ein Beispiel: Sebastian Kurz kommt in Umfrage auf 33 Prozent bei einer Schwankungsbreite von 3 Prozent. Das heißt, er wird voraussichtlich zwischen 30 und 36 Prozent liegen.
Wie viele Menschen muss man befragen, um ein aussagekräftiges Ergebnis zu bekommen?
Für die Sonntagsfrage: Je größer das Sample, desto besser. Weil die Schwankungsbreite kleiner wird. Außerdem können wir uns dann die Subgruppen, etwa die Unentschlossenen ansehen. Aber eine 500er-Stichprobe erwischt einen Trend auch. Wichtig dabei ist, das die Stichprobe immer der kleinere Abbild der Grundgesamtheit darstellt: Ich muss Alter, Geschlecht, Bildung Berufsstand etc. berücksichtigen. Das sind Quotenmerkmale der Repräsentativität. Wenn ich eine Stichprobe mit 30 Prozent Wien-Wählern habe, ist das zu viel, denn es sind nur 20 Prozent. Es gibt auch keine Steigerung der Repräsentativität, wie ich das schon in Schlagzeilen von Medien gelesen habe.
Eine Stichprobe von 2500 ist die Beste, denn die maximale Schwankungsbreite beträgt +/- 2 Prozent. Bei Stichproben mit mehr als 2500 Teilnehmern ändert sich die Schwankungsbreite nur noch um Zehntelprozentpunkte. Je größer die Stichprobe, desto teurer wird logischerweise die Umfrage für den Auftraggeber.
Welchen Unterschied macht der Zeitpunkt der Umfrage, also etwa heute oder drei Tage vor der Wahl?
Naja, wir haben die letzte Umfrage für ATV und "Heute" am Freitag publiziert, das war vor der Enthüllung der Silberstein-Affäre. Die Aussagen der Umfrage gelten jetzt nur noch begrenzt. Generell ist es so: Je näher ich an den Wahltag heranrücke, desto stabiler werden die Daten. Aber noch mal: Wir können nicht exakt messen.
Der Fokus der Medien ist zu sehr auf die Sonntagsfrage gerichtet, Images sind aussagekräftiger. Etwa: Ist Bundeskanzler Christian Kern durchsetzungsfähig und kompetent? Wer hat wo welche Stärken?
Warum hat jedes Institut annähernd das gleiche Umfrageergebnis, Stichwort "Herding"?
"Herding" kann es geben. Wir veröffentlichen immer unsere Rohdaten, da kann man sich ansehen, ob es "Herding" gibt. Unter uns Meinungsforschern reden wir nur über Rohdaten. Spricht der eine von 27 Prozent für die ÖVP, der andere von 26 und der andere von 28, ist das für uns das Gleiche.