Wien. Lange Zeit recht still blieb es vorerst um die FPÖ. Bis zum ÖVP-Führungswechsel stets als künftige Nummer eins gehandelt, stürzte die Partei von Heinz-Christian Strache nach dem ÖVP-Umbau in den Umfragen ab und fand sich auf Augenhöhe mit der SPÖ auf Platz zwei oder drei wieder. Die Grünen bekamen unerwartete Konkurrenz durch Peter Pilz und die NEOS holten sich Hilfe in Form von Irmgard Griss.

Die FPÖ kiefelte lange daran, dass ihr der neue ÖVP-Chef Kurz die blauen Kernthemen - Migration und Sicherheit - abspenstig machte, dementsprechend ruhig verhielt sich die Partei im Vorwahlkampf. Erst mit dem lange angekündigten und schließlich Ende August präsentierten Wirtschaftsprogramm skizzierten die Blauen dann die neue Linie: "Fairness" statt allzu scharfer Worte in Sachen Migration lautet die Strategie, mit der die FPÖ offenbar vorerst vor allem auf das Wählerpotenzial der SPÖ abzielte.

Gleichzeitig machten die Freiheitlichen klar, dass sie auch dabei vor allem die ihrer Meinung nach "ungerechten" Sozialleistungen für Flüchtlinge und Migranten im Fokus haben. In Wirtschaftsfragen präsentierte sich die FPÖ deutlich näher der ÖVP- als der SPÖ-Seite, vor allem mit ihrem dezidierten Nein zu neuen Steuern, insbesondere im Erbschafts- und Vermögensbereich.

Freiheitliche mit ungewöhnlich guten Video-Spots

Aufgefallen waren die Freiheitlichen im Wahlkampf auch mit für sie ungewöhnlichen Video-Spots, die auf Humor und doppeldeutige Botschaften statt auf allzu hart vorgetragene Botschaften setzten. Thematisch blieb man sich aber treu und behandelte auch in diesem Format die Folgen der nach FP-Sicht gescheiterten rot-schwarzen Migrations- und Flüchtlingspolitik.

Erst in der Schlussphase des Wahlkampfs nahm die Partei dann ganz klar Sebastian Kurz als Hauptgegner ins Visier. Dieser wurde vor allem als Kopierer von Straches Ideen dargestellt. Als "Spätzünder" habe der Integrationsminister sämtliche Fehlentwicklungen im Migrationsbereich versäumt, auf die die FPÖ schon seit Jahren hingewiesen habe. Auch versuchte die FPÖ, bei möglichst jeder Gelegenheit die langjährige Mitgliedschaft des ÖVP-Chefs in der Regierung zu thematisieren. Ziel der blauen Kampagne: Die Glaubwürdigkeit des nun türkis gefärbten Spitzenkandidaten der Schwarzen zu hinterfragen. Begleitet wurde all dies vom nun schon lange geübten Versuch Straches, ein möglichst staatsmännisches Verhalten an den Tag zu legen - vor allem in seinen TV-Auftritten.

Kritik an Rausschmiss der "Junge Grüne"

Eher desaströs gestaltete sich der Vorwahlkampf für die Grünen. Nach dem Abgang von Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner per Jahreswechsel warf Mitte Mai Langzeit-Parteichefin Eva Glawischnig das Handtuch. Dem vorangegangen waren tiefe innere Verwerfungen in der Partei: So gab es Kritik am ausbleibenden Umfrage-Aufschwung nach der Bundespräsidentenwahl, aber auch einen heftigen Konflikt mit den Jungen Grünen, der schließlich in deren Rausschmiss aus der Bundespartei gipfelte.

Nach der Übernahme der Bundessprecherin-Funktion durch Ingrid Felipe und der Nominierung von Ulrike Lunacek als Spitzenkandidatin zog dann beim Bundeskongress Ende Juni neues Unheil herauf: Sicherheitssprecher Peter Pilz unterlag bei der Kampfabstimmung um den vierten Bundeslistenplatz dem jungen Abgeordneten Julian Schmid. Pilz sammelte daraufhin seine engsten Mitstreiter um sich und verkündete nach längerem Zögern das Antreten mit einer eigenen Liste - ein Schritt, der wohl primär den Grünen schaden dürfte, auch wenn Pilz beteuerte, in anderen Teichen um Wählerstimmen fischen zu wollen. Inhaltlich wich Pilz vor allem beim Thema Islam deutlich von seiner Ex-Partei in Richtung rechts ab. In sozialen Fragen gab er sich hingegen links; eine Zusammenarbeit mit der FPÖ schloss er dezidiert aus.

Grüne brechen ein, Pilz hat gute Chancen

Glaubt man den Umfragen, leiden die Grünen allerdings massiv unter der Entwicklung, in den Erhebungen wird der Öko-Partei mittlerweile nur mehr ein Ergebnis klar unter zehn Prozent prognostiziert. Allerdings muss sich Lunacek - glaubt man den aktuellen Umfragen - entgegen einem zwischenzeitlichen Tief nun zumindest keine Sorgen mehr um einen Wiedereinzug der Grünen machen. Der "Liste Pilz" attestieren die Umfragen durchaus - wenn auch knappe - Chancen auf einen Nationalratseinzug.

Früh in den Vorwahlkampf eingestiegen waren die NEOS. Bereits am 1. Juni setzte Parteichef Matthias Strolz in Wien zu einer großen Grundsatzrede an. Weitere Aufmerksamkeit brachte dann Anfang Juli die Entscheidung von Ex-Bundespräsidentschaftskandidatin Irmgard Griss, auf einem NEOS-Ticket zu kandidieren. Laut Umfragen würden die NEOS etwa bei ihrem Resultat aus dem Jahr 2013 bleiben, der Nationalrats-Einzug ist damit möglich. Strolz' Paradethema ist die Bildung sowie seine Ankündigung, ein "pinker Stachel" im Fleisch der Regierung sein zu wollen.

Allen drei "kleinen" Parteien ist gemeinsam, dass sie - wie wohl auch die FPÖ - von den Querelen rund um die Facebook-Affäre profitieren könnten.